Hiermit erhalten sie den Einberufungsbefehl!
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Es ist schon ein paar Jahre her. Ich saß am Küchentisch bei meinen Eltern zum Essen und genoss die norddeutsch-rustikale Küche. Kartoffeln, Kotelett, angeschmorte Zwiebeln drüber und natürlich auch das Fett. Meine Mutter hatte die Angewohnheit, immer vor dem Mittag die Post aus dem Kasten zu holen. Sie legte mir ein Brief vor die Nase und sagte: „Ist vom Kreiswehrersatzamt. Bestimmt eine Entschuldigung für deine fehlende Einberufung, weil die keinen Platz mehr frei haben! Oder, du sollst noch mal nachgemustert werden, weil du herum gejammert hast!“

 

Ich öffnete den Brief und hörte noch den Satz meines Stiefvaters: „Wat soll der Jung auch beim Bund. Der ist gerade mal achtzehn und soll man lieber arbeiten gehen und seine Lehre fertisch machen. Saufen kann der auch beim mir Lernen!“ Naja, norddeutscher trockener Humor. Mich hatte natürlich keiner nach meiner Meinung gefragt. Aber ich wollte eh nicht zur Bundeswehr. Meine Freundin drohte mir auch schon an, dass sie Schluss machen würde, wenn ich zu den Spinnern der Bundeswehr gehen würde.

Ich las den Brief und war geschockt:

Einberufung

Sehr geehrter Herr Dirk Schiewas,

Hiermit erhalten sie den Einberufungsbefehl für die Personenkennziffer 201173-S-10611. Sie werden ihre Dienstzeit von zehn Monaten ab dem 01.04.1996 in der Marinefliegerlehrgruppe VwdgR 520102 Flugwaffenmechaniker-Waffensystem PA200 antreten. Die Kaserne befindet sich in der Munkmarscher Chaussee in Westerland/Sylt.

Sie haben sich mit einer beruflichen Vorbildung der Mittleren Reife und der Unterstufe in einem technischen Beruf für den Dienstgrad Hauptgefreiter UA qualifiziert. Im Falle einer freiwilligen Verpflichtung von mindestens zwei Jahren schlagen sie automatisch die Laufbahn des Unteroffiziers ein. Die Grundausbildung beträgt sechs Wochen. Für den weiteren Dienstverlauf bekommen sie einen Marschbefehl. Die mitgelieferte Fahrkarte nutzen sie bitte zur einmaligen Anreise.

Mit freundlichem Gruß KWEA Kiel

Scheiße, ich wurde einberufen. Das hieß, dass ich spätestens im April wieder Single sein und mein Vater mich sicherlich damit aufziehen würde. Meine Mutter fand das gut. Ich brauchte noch den richtigen Schliff für das Leben, meinte sie. Ich hatte nicht soweit voraus geplant. Meine Freundin machte tatsächlich Schluss und ich war alleine. Na ja, sie hatte eh eine komische Einstellung. Sie ließ sich von mir absolut nicht begrapschen, weil sie der Meinung war, wir müssten mindestens ein halbes Jahr zusammen sein, bevor sie mit mir guten Gewissens schlafen konnte.

Da hatte ich wohl nichts verpasst. Zwei Tage vor der Einberufung packte ich ganz viele Sachen ein, weil ich dachte, dass ich mindestens sechs Wochen lang nicht nach Hause kommen würde. Mein Vater erzählte mir solche Schauermärchen von seiner Bundeswehrzeit. Ich hatte fünf Hosen, fünf Pullover, zehn Satz Unterwäsche und Socken, unzählige T-Shirts und Hygieneartikel mit. Meine Telefonkarte und den Discman hatte ich auch schon zu Recht gelegt. 200 DM mussten für den Anfang reichen. Ich meldete mich mit dem Schreiben bei meinem Arbeitgeber, der mich für zehn Monate von der Ausbildung beurlaubte. An einem Sonntagabend fuhr ich mit dem Zug von Kiel nach Niebüll und dann weiter über den Hindenburgdamm nach Westerland. Damals gab es in dem Zug von der Marschbahn noch standardmäßig ein Zugrestaurant. Ich war Raucher und setzte mich in das Zug-Café. Ich hatte mir einen Sechserträger Warsteiner eingepackt. Mein Discman leierte schon etwas gequält die Illegal 2001-CD runter, als ein junger Mann sich vor mich setzte und fragte, ob er eine Zigarette haben dürfe. Ich bot ihm eine Prince aus meiner Schachtel an und gab ihm Feuer. Dann sah ich ihm ins Gesicht. Es war ein blonder kurzhaariger Typ mit blauen Augen und einem netten Gesicht. Er schien etwas schüchtern und paffte an der viel zu starken Prince.

Dann ging sein Mund auf und er fragte: „Welche Inspektion?“ Ich sah ihn an und musste erst einmal meinen vorläufigen Truppenausweis aus dem Portemonnaie kramen. „Entschuldige!“, sagte er. „Du fährst doch auch zur Bundeswehr nach Westerland?“ Ich gab ein unbeeindrucktes „Warte mal ... Erste!“ als Antwort und sah ihn aufstrahlen. „Ich auch!“, sagte er erfreut und wollte mir unbedingt ein Bier ausgeben. Ich willigte ein und unterhielt mich etwas mit ihm. Er war gerade achtzehn Jahre alt geworden und wurde, so wie ich als Hauptgefreiter/ Unteroffiziersanwärter (HG/UA) einberufen. Sein Name war Renee Welling. Er kam auch aus Kiel. Als er mich fragte, ob wir nicht ein Zimmer zusammen nehmen sollten, klopfte ihm von hinten ein etwas freakiger dunkelhaariger Typ mit braunen Augen auf die Schulter. „Hey, du Flachwichser! Du kannst doch hier nicht wildfremde Leute im Zug anquatschen!“ Der lustige Typ gab mir die Hand und sagte: „Tach! Das hier ist mein Cousin Schlimm Shady und ich bin Rocco, der Knittenficker. Meine Freunde nennen mich Rolf, Rolf Bauhmann. Hat Renee dich voll gequatscht? Nimm das nicht so ernst, okay?“ Dann flüsterte er Renee etwas ins Ohr und Renee antwortete leise: „Hab ich doch schon!“

 

Rolf sah mich an und fragte entsetzt: „Ist das war? Hat er dich angeschwult oder was?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, er fragte nach der Inspektion und würde sich freuen, wenn wir zusammen ein Zimmer bekommen könnten. Rolf lachte. „Ach! Ihr denkt, wir fahren zur Glücksspirale, oder was? Ihr beiden Schwuchteln wollt zusammen ein Zimmer haben? Aber nicht ohne mich. Ich brauche sowieso noch ein paar Schärgen, die mir die Drecksarbeit machen. So hab ich ja gleich zwei Zimmermädchen, cool!“ Ich schüttelte den Kopf und Rolf ging auf die Toilette. Ich sah Renee an. Ich fragte gleich: „Wer war das denn?“ Renee lief rot an. „Ich glaube, den haben wir jetzt an der Backe!“, sagte er und rollte mit den Augen. Ich war ja maßlos begeistert. Ich hatte immer gedacht, dass für Schwule kein Platz in der Bundeswehr sei. Rolf war so was von penetrant. Der benahm sich wie ein Pascha und Zuhälter. Allein die große Tätowierung am Hals und seine dicke Goldkette um den Hals waren mehr als auffällig. Renee hatte wenigstens Stil. Er trug eine weiße Jeans und ein Polohemd, darüber einen Pullunder mit Burlington-Muster. Er wirkte gepflegt und war nett. Ich hoffte, dass wir Rolf aus den Augen verlieren würden. Aber er kam schneller wieder, als uns lieb war. Renee flüsterte leise: Wir schnacken nachher weiter, okay?“ Dann lächelte er kurz und wurde auch schon wieder verbal von seinem Cousin angemacht.

„Hey, du kleiner Arschficker. Hast du jetzt endlich eine süße Maus gefunden? Dann wäre doch die Zimmerverteilung klar, oder was? Prost!“ Er war einfach unmöglich. Ich war mir hundertprozentig sicher, dass Rolf der verkappte Arschficker war. Aber vielleicht waren die ja beide schwul, das wusste ich natürlich nicht. Der Zug hielt in Westerland und auf dem Bahnhof wurden wir nett von ein paar Vorgesetzten empfangen. Wir wollten gerade die Koffer in den Bus hieven, da motzte einer der Soldaten in Flecktarn mich an. „Hey sie Arschloch! Habe ich sie aufgerufen? Hinten anstellen, aber zack!“ Wir waren ja nun zu dritt und mussten uns hinten anstellen. Dann wurden unsere Namen aufgerufen. Wir durften in den Bus steigen und fuhren zum Fliegerhorst, eine Kasernenanlage, die noch als Außenstelle für die SAR-Hubschrauber diente. Ansonsten waren dort drei Inspektionen und ein Wirtschaftgebäude. Wir fuhren durch das Tor und die Busse hielten. Das große Haupttor wurde zu gemacht und verriegelt.

Der Vorgesetzte im Bus hielt eine kurze Ansprache: „Guten Abend Ladys. Willkommen in Westerland, ihr Zuhause für die nächsten sechs Wochen ...“ Angekommen vor der Inspektion, mussten wir die Koffer abstellen und uns neben einander aufstellen. Wir mussten ganz ruhig sein und dann sahen wir das erste Mal, wie der Zugführer Meldung an den Inspektionschef machte. Der Zugführer, Obermaat Thomas Schmierol, meldete die Rekruten vollzählig angetreten. Dann kamen die Willkommensworte von Inspektionschef Hauptbootsmann Rosso-Fargel. „Guten Abend, erste Inspektion!“

Ein leises Guten-Abend-Gemurmel schlich sich durch die Reihen. „Okay! Das üben wir ab morgen. Ich heiße sie herzlich Willkommen, um in der 1. Inspektion der Marinefliegerlehrgruppe in Westerland auf Sylt ihren Grundwehrdienst zu durchlaufen. Folgender Zeitplan. Essen fassen um 1900, davor Belegung der Stuben durch die Gruppenführer und Abgabe der Personalien an das abgestellte Personal. Morgen früh Essen um 700, Einkleidung um 900, Morgenmusterung verlegt auf 1100. Dann machen wir aus ihnen richtige Männer. Ich wünsche ihnen eine angenehme Nachtruhe. Wegtreten!“ Das war ja mal eine Ansage. Rolf zog an mir vorbei und flüsterte mir über die Schulter: „Schätzchen, ich habe schon mal unser Feriendomizil vorbestellt!“ Was das bedeuten sollte, wusste ich bis dato noch nicht. Als wir unsere Personalausweise, Impfpässe und sonstige wichtige Sachen abgegeben hatten, lief der Zugführer in Reihe mit uns über das obere Deck. Das war bei der Marine das obere Stockwerk. Er zählte namentlich die Stubenbelegung ab. Das ging so schnell, dass unsere Namen gleich fielen. „Bauhmann, Welling, Schiewas, die 69!“. Schon wurden wir von dem Rest der Männer in die Stube gedrängelt. Ich rief noch hinterher:

 

„Herr Obermaat? Kann ich nicht ...?“ Der leicht cholerische Obermaat Schmierol kam auf mich zu und brüllte mich an. „Seemann, haben sie irgendein Problem mit meiner Stubenverteilung?“ Ich sah ihn still an und schüttelte den Kopf. Dann kam gleich ein lautes „Wegtreten!“ von ihm und die Tür wurde zu gemacht. Rolf lachte. „Na, mein Hase. Hast du Probleme mit der Stube? Die ist doch ganz knuffig!“ Ich drehte mich um und war sauer. Lediglich Renee schob mir ein kleines Lächeln zu. Kurz vor sieben, wir liefen zum Essen. Die Kombüse bzw. Truppenküche war nicht sehr abwechslungsreich, aber es war auszuhalten. Ich schlug mir den Wanz voll und wir kehrten nach dem Essen in die Stube zurück. Wir hatten angefangen, die Sachen in den Spind zu räumen, als Rolf plötzlich laut rief: „Achtung!“ Er kannte schon ein paar der Befehle und kündigte so die Anwesenheit des Zugführers an.

„Rühren!“, sagte dieser und sah sich unsere angewurzelt stehenden Körper etwas genauer an. Er ging zu Rolf und zeigte auf seinen Hals. „Seemann, was ist das denn? Eine Landkarte?“ Er meinte das Tribaltattoo, welches sich hinten über Rolfs Hals hinweg zog. Rolf brüllte: „Ein Tattoo, Sir!“ Da wurde der Obermaat aber mächtig sauer. „Rekrut! Sie reden mit einem deutschen Unteroffizier. Wir sind hier nicht bei der US Marine. Bei uns heißt das, "Jawoll Herr Obermaat." Und nun hört mir gut zu. Ich kenne solche schwulen Nattern, wie euch zu genüge.

Herr Bauhmann war ja so nett und hatte um die Zusammenlegung von euch Ratten gebeten. Ich kann Homosexuelle nicht ausstehen. Sollte ich euch Schwuchteln beim Kuscheln erwischen oder merken, dass ihr mir Unruhe in den Zug bringt, reiße ich jedem von euch persönlich den Arsch so weit auf, dass ihr denkt, ein Elefant hätte euch gefickt. Habt ihr das verstanden?“ Renee und Rolf nickten. Ich sagte vorsichtig: „Ich gehöre da eigentlich nicht zu, Herr Obermaat! Und ganz ehrlich, würde ich auch gerne in eine andere Stube verlegt werden!“ Er kam zu mir und sah auf seine Liste. „Herr Schiewas! Was meinen sie denn, wer sie sind? Mit ihrer Raverhose sehen sie aus, als hätten sie keinen Arsch. Wer keinen Arsch hat, wird wohl auch nicht in den selbigen gefickt. Dann seien sie glücklich, dass sie nicht schwul sind. Sonst würde ich sie ... Lassen wir das. Und sie Herr ... ?“ Er sah wieder auf seine Liste. Dann ging er zu Renee. „Herr Welling! Sie sehen aus, wie ein Facharzt für Urologie. Spielen sie Golf?“ Renee schüttelte den Kopf und grinste. „Welling, wollen sie mich an baggern oder warum grinsen sie so dreckig? Sie werden auch nie Golf spielen. Wenn ich mit ihnen fertig bin, können sie froh sein, wenn sie überhaupt noch mit etwas spielen können! Ich werde versuchen aus euch Katastrophen, Männer zu machen. Sollte mir das nicht innerhalb der nächsten sechs Wochen gelingen, sollten sie überlegen, ob ein weiteres Dasein überhaupt noch Sinn macht!“ Er drehte sich um und ging zu Tür. „Und nun schlafen sie gut, natürlich jeder in seiner Koje!“ Dann ging er. Ich sah Rolf giftig an. „Na toll, Herr Oberschlaumeier. Du hättest dich nicht ein bisschen zurück halten können?“

An Renees Gesicht bemerkte ich, dass ich wohl den verkehrten Ton angeschlagen hatte. Rolf zog sein Muscle-Shirt aus und stand mit nacktem Oberkörper vor mir. Plötzlich sah ich das ganze Ausmaß seiner Körperbemalung. Ein riesiger Drache zierte seine muskulöse Brust. In der linken Brustwarze steckte ein kleiner Ring. Er war also gepierct. Seine Oberarme waren kräftig. Er stand dicht vor mir und grinste. „Na, Prinzessin? Gefällt dir, was du siehst? Los, fass ruhig an. Ist besser, dass du dich gleich an mich gewöhnst!“ Er nahm meine Hand und legte sie auf seine Schulter. Dann hielt er sie fest. Ich blickte ein wenig um seinen Hals und sah mir die Ausläufer des Drachenschwanzes an, der sich über seinen ganzen Hals zog. „Geiles Tattoo!“, sagte ich leise. Dann fasste er meine Taille mit der anderen Hand an und flüsterte mir ins Ohr. „Häschen, du gehörst sowieso mir!“ Danach setzte er einen nassen Kuss auf meine Wange. „Schlaf gut, Prinzessin!“ Boah, was war der Typ frech. Er nahm sich einfach alles heraus. „Rolf, lass´ ihn in Ruhe!“, motzte Renee und wollte ihn zur Vernunft bringen. Rolf lachte. „Bist wohl eifersüchtig, Kleines?“ Dann war auch Renee sofort wieder ruhig. Ich sah Rolf an. „Hey, das kannst du vergessen.

Ich bin hundertprozentig nicht schwul!“, sagte ich zu Rolf und zog mein Shirt aus. Rolf beobachtete mich und sah sich meinen Body an. Mit einem Finger strich er mir über die Brustwarze und leckte sich über die Lippen. „Du bist ziemlich lecker. Warte mal ab, bis ich dich zugeritten habe. Dann spuckst du nicht mehr so große Töne!“ Er war sich ziemlich sicher. Renee zischte ständig: „Dirk, lass´ das. Er will das doch nur!“ Rolf schwang sich auf sein Bett und zog seine Jeans aus, warf sie mir zu und sagte: „Hier hast du was zum Kuscheln. Wenn du schlau bist, bewegst du deinen süßen Arsch, sobald das Licht ausgeht, in mein geheiligtes Bett und lässt dir zeigen, wer in diesem Zimmer die Hosen an hat!“ Dann hörte ich es durch die Rundsprechanlage: „Licht aus in T minus zehn!“ Zehn Minuten später wurde ein Signal auf der Bootsmann-Maaten-Pfeife gepfiffen und das Licht war aus. Rolf setzte noch einmal an.

„Na, Prinzessin? Hast du Angst?“, fragte er.

Ich seufzte leise „Gute Nacht, Rolf!“ und schloss die Augen.

 

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