Die Brücke am Fluss.
Bareback / Das erste Mal / Junge Männer / Romantik
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Gustav schlich an Fernando vorbei wie ein scheues Reh. Er fand dessen Arroganz unerträglich, ungeachtet der scheinbar sagenhaften Fähigkeiten im Bett. Gesellschaftlich erledigt. Eigentlich konnte man dem Kerl nur aus dem Weg gehen. Die Anmache vom letzten Mal war wohl mehr als unsensibel und primitiv gewesen. Hatte er das nötig? Nein! Trotzdem wartete er darauf, dass der sich bei ihm für seine Vorstellung entschuldigen würde. Abfertigung wie am Fließband und dann noch der präpotente Tonfall. Eigentlich hatte er gedacht, sie wären Freunde. Sie waren beide begeisterte Jogger, beide extreme Frühaufsteher und sie machten gern auf der Brücke am Fluss Halt, um sich zu dehnen und auf die Murlandschaft zu schauen. Dort in der Nähe war die Schwulenklappe, die Gustav einmal aufzusuchen versucht hatte. Bisher hatten sie sich jeden Morgen getroffen weil sie um dieselbe Uhrzeit los rannten. So früh war sonst noch keiner unterwegs. Das war das Herrliche. Gustav war eigentlich sauer und vermisste doch die gemeinsamen Gespräche. Er war unsicher wie er sich verhalten sollte oder was er sagen oder wie er reagieren sollte. Fernando behandelte ihn wie Luft. Es war nicht so, dass er ihn irgendeinen Unmut spüren ließ. Es war ihm einfach völlig gleichgültig ob Gustav in seiner Nähe war oder nicht. Dass er den ersten Schritt machen würde, das konnte Gustav sich abschminken.

 

Gustav war schon so weit ihn abzuhaken. Er sah genügend junge Burschen durch das Stiegenhaus huschen und auch sonst schien Fernando an mehreren einschlägigen Orten ein bunter Hund zu sein. Offen schwul. Offener ging es gar nicht. Das war beängstigend dreist und beeindruckend mutig. Alles auf einmal. Gustav hatte das Gefühl, dass Fernando ihm eine Menge beibringen könnte. Ansätze von Vertrauen hatte es gegeben und dann hatte Fernando jede Nähe zwischen ihnen zerstört. Willkürlich. Einfach so. Ihn dann abgehakt. Ohne Bedauern und ohne Gefühl. So machte er es wohl mit jedem. Gustav hatte das Bürschchen, das Fernando an jenem Tag durch genudelt hatte, schon öfter durch den Flur huschen sehen. Der junge Mann war bis über beide Ohren verknallt und wurde behandelt wie ein Jojo. Willkürlich weggeschossen und wieder heran gezurrt. Je nach Belieben. Gustav wünschte sich mehr als nur einen riesigen Schwanz. Aber aus irgendeinem Grund wurde er die Faszination einfach nicht los und konnte nicht aufhören über Fernando zu grübeln. Es tat ihm weh, dass sie nicht redeten. Er war schnell abgehakt worden. Auch das tat weh. Aber er wollte nicht zu Kreuze kriechen und den Anfang machen. Fernandos Verhalten ihm gegenüber war völlig daneben gewesen. So behandelte man Freunde nicht. Er war kein billiges Fickstück. Er war doch noch unerfahren und brauchte mehr Einfühlungsvermögen.

Je älter Gustav wurde, desto größer war die Kluft zu seinen Eltern. Er war der brave Sohn, der sie mit keinem Wort wegen seiner Neigungen belastete, er tat was erwartet wurde, brachte Alibifreundinnen mit nach Hause. Niemand hörte seine stummen Schreie. Niemand. Fernando hatte sie gehört. Da war er der Einzige. Aber den interessierte das offensichtlich nicht. Gustav lebte als vermeintlicher Hetero in einer Heterowelt und innerlich hatte er das Gefühl zu verbluten. Er konnte umgeben von Freunden und dennoch zutiefst einsam sein. Kein Sozialkontakt bedeutete wirklich etwas. Keiner erreichte sein Herz. Manchmal dachte er daran wie es wäre wenn er sich einfach im Kleiderkasten erhängte oder vor einen Zug sprang. Er war ein Fehler der Schöpfung. Gott wollte ihn nicht und die Gesellschaft auch nicht. Und Fernando behandelte ihn nicht wie er es sich von ihm gewünscht hätte.

Sie gingen einander Wochen lang aus dem Weg und es kam der Tag als Gustav unbedacht lächelte und grüßte als sie einander auf der Brücke am Fluss begegneten. Fernando hatte ein Bein auf die Brüstung gestellt. Er dehnte sich gerade und lächelte zurück. Die Kälte der Einsamkeit wich von Gustav. Ihm wurde erst bewusst wie sehr er sich an dieses Lächeln gewöhnt und es vermisst hatte. Es war dieses Gefühl des Verstanden werdens, das er sonst bei niemandem kannte. Niemand außer Fernando konnte so gut zuhören. Er hatte ihm Dinge erzählt. Geheime und sehr intime Dinge über seine innere Gefühlswelt. Bei keinem hatte er sich je so öffnen können. Das war von einem Moment auf den anderen jäh vorbei gewesen als Fernando ihn damit überfallen hatte, dass er ihm schnell einen blasen solle bis der nächste dran war. Fernando war wie die Sonne. Warm und hell und einladend, ein Lebens- und Energiespender, aber man verbrannte sich wenn man ihr zu nahe kam.

Zehn Jahre später sollte es Peter Cornelius auf den Punkt bringen in einem seiner Austropoplieder: "Jemand, der so wie du gibt ist ein Mensch, der sehr bald wieder nimmt. Du gibst dich nicht gern zufrieden, denn du treibst so wie ein Segel im Wind." Gustav war darauf in keiner Weise vorbereitet. Er wusste nichts von Spielchen. Was man in seinem Gesicht las, das bekam man auch, und als Fernando ihm wieder ein Lächeln schenkte, da dachte er nicht an Selbstschutz. Ihn zog es zu dem Lächeln hin wie die Motte zum Licht. Sie grüßten einander, als wäre nichts gewesen. Fernando schien gar nicht darüber nachgedacht zu haben oder wissen zu wollen was los gewesen war. Es war Gustav, der das Bedürfnis dazu hatte es anzusprechen. Gustav, der ohne es zu wollen in einen entschuldigenden und erklärenden Tonfall abrutschte. Ohne es zu merken hatte er Fernando angeboten ein großes Stück von seiner Würde zu nehmen. Er schenkte ihm einen tiefen Einblick in seine Schwächen. Noch angreifbarer konnte er sich nicht machen als mit der Offenbarung von Verletztheit und tiefen Sehnsüchten.

 

"Moment, Moment. Der Kleine hat ein paar Nächte bei mir schlafen dürfen weil sein Vater ihn raus geworfen hat. Jetzt denkt er, dass wir ein Paar wären. Was kann ich dafür? Wenn du auch so einer bist, der vorschnell urteilt, dann bleib mir gefälligst vom Hals. Ich lasse mir keine Schuld einreden. Von dir schon gar nicht." Von dir schon gar nicht. Gustav hatte nur eine Frage gestellt. Er hatte nicht geurteilt oder verurteilt. Oder doch? Fernandos Entrüstung war so eindrucksvoll, dass er zurückwich und unsicher wurde. "Ich wollte es doch nur verstehen." sagte er kleinlaut. Fernando hob sein Kinn an, sah ihm in die Augen und fand darin ehrliches Interesse und Zuwendung. Das besänftigte ihn. Sein Gesicht wurde weicher und verständnisvoller. Fernando konnte genauso empathisch sein wie er brutal ehrlich sein konnte. Er war eben authentisch und versteckte sich nicht. Gustav, der sich dauernd verstecken musste, fühlte sich stark davon angezogen. Er war erst achtzehn und wie ein Küken, das zu früh aus dem Nest gefallen war. Jetzt watschelte er einem beliebigen Vorbild hinterher in der Hoffnung unter die Fittiche genommen zu werden.

"Und weil du Romantik suchst und respektvoll behandelt werden willst, hast du es auf der Klappe probiert?" Fernando klang zwar spöttisch aber nicht abwertend. Seine Art hatte etwas Mitfühlendes. Eine tiefe Empathie. Gustav war hin und her gerissen zwischen der Sehnsucht nach neuen Erfahrungen und seiner Angst davor. Fernando grinste schief und das war verteufelt sexy. Zu sexy. "Weißt du was, Süßer? Du wärst sowieso weg gerannt. Auch ohne Schwulenklatscher." Gustav war versucht zu widersprechen aber seine Mundwinkel zuckten nach oben. "Vielleicht geh ich bald wieder hin." Fernando zwinkerte ihm verschwörerisch zu. "Tust du nicht." Gustav lächelte ertappt. Er fühlte das warme Gefühl vollkommen verstanden zu werden. "Du traust dich nicht und das ist vollkommen okay." Gustav blickte auf und suchte die Augen, die auf ihn gerichtet waren, nach irgendwelchen Zweideutigkeiten ab. Aber Fernando veräppelte ihn nicht. "Wir haben alle Angst beim ersten Mal."

Gustav traute sich die Hand zu ergreifen, die Fernando ihm hin hielt. Er war bereit gefragt zu werden. Willst du...ja! Aber Fernando fragte nicht. Gustav war völlig unerfahren und musste den ersten Schritt machen. Zuerst auf der Brücke durch das Ergreifen der Hand, dann durch einen Kuss im Fahrstuhl. Es war ein wunderschöner Kuss. Der großartigste Moment seines Lebens. Lippen auf Lippen, Zunge an Zunge. Der Atem des anderen. Ihm wurde ganz weich und schwindlig dabei. Fernandos Hand fuhr an seinen Hintern. Gustav fiel siedendheiß ein, dass sie gesehen werden könnten. Was wenn die Frick schon wach war, die alte Wachtel. Ein bösartiges Frauenzimmer, genauso neugierig wie sie boshaft war. Dann wäre auch er gesellschaftlich erledigt. Ganz schnell war der Respekt auch wieder weg. "Wenn du nicht bereit bist, sag es einfach." forderte Fernando ungeduldig. "Ja aber..." "Was aber? Für Aber hab ich keine Zeit. Ich will jemanden, der weiß was er will." "Ich will es doch." "Nicht sehr überzeugend." Gustav konnte nicht mehr denken als er die Lippen auf seine presste und die starke Männerbrust spürte. Es war er, der die Initiative ergriff. Angst war der Zünder. Nicht Verlangen. Nicht Leidenschaft. Fernando wollte überzeugt werden. Er führte ihn nicht, er forderte. Und trotzdem fühlte Gustav sein Selbstbewusstsein wachsen. Eine kräftige Hand knetete seine Pobacken. Er hatte immer noch Angst. Wenn sie hier gesehen wurden. Ihm war das nicht geheuer. Aber Fernando duldete kein Aber. Das war eine Zwickmühle, die Gustav ins Schwitzen brachte. Doch Fernandos Selbstsicherheit machte ihn an und gab ihm Mut. Sie küssten und befummelten sich. Gustav versuchte die Angst vor dem Entdeckt werden abzuschalten. "Das macht dir nichts aus." flüsterte Fernando. "Den Löwen interessiert nicht was die Schafe über ihn denken." Sie sind die Schafe, dachte Gustav über die Nachbarn, die ihr Tun nicht gutheißen würden. Dumm wie Schafe. Nicht er war derjenige, mit dem was nicht stimmte. Sie waren es. Es war, als hätte Fernando ihm die Augen geöffnet. Mit seiner Hilfe und Unterstützung könnte er es vielleicht schaffen das Dasein als Klemmschwester hinter sich zu lassen und aus sich heraus zu kommen. Es gab keine größere Sehnsucht in ihm und keine tiefere Angst.

So hat er dich rum gekriegt, dachte Tobias. Kalt und Warm. Totale Akzeptanz und dann wieder kalter Entzug. Armer Gustav. Der Moment auf der Brücke, das war der Moment wo die Maus der Schlange in die Falle ging. Danach hatte Gustav nach und nach seine Deckung fallen lassen. Immer mehr. Bis von ihm selbst nicht mehr viel übrig geblieben war. Ich habe geliebt. Selbst Tobias, der selber noch jung und unbedarft war, verstand, dass das keine Liebe war. Es war emotionale Erpressung, Manipulation und Hörigkeit. Aber bestimmt keine Liebe. Wenn er sich die Notizblätter so durchlas, dann gab es viele Momente wo Fernando große Stücke aus Gustavs Selbstvertrauen gebrochen hatte. Ihm aber immer das Gefühl vermittelt hatte, er sei selbst daran schuld. Die einzigen Schwulen, über die man lachen durfte, seien Klemmschwestern. Damit hatte er ihn. Wenn Gustav noch nicht für etwas bereit war, dann war er gleich eine Klemmschwester. Von "Wir haben alle Angst beim ersten Mal" zur Klemmschwester war nur ein schmaler Grad. Gustav konnte Fernando so leicht enttäuschen und recht machen konnte er es ihm niemals.

 

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