Mit den weißen Touristen ist leicht Geld zu machen. Aber wer gewinnt? Wer verliert?
Militär / Bareback / Junge Männer / Das erste Mal
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Gambia 1978

Als Land ist Gambia ein eigenartiges Gebilde; es erstreckt sich vom Atlantik auf beiden Ufern des Gambiastroms 470 km landeinwärts, ist aber an der engsten Stelle nur 24 km breit, und die Küstenlinie im Westen beträgt gerade 80 km. Mit einer Oberfläche von 11.368 km² liegt es in der Größenordnung von Schleswig-Holstein und zählte damals 1978 gerade 490.000 Bewohner. Es ist eines der wenig bekannten Länder der Erde. Das Land ist auf allen Seiten von Senegal umgeben, und wenn die Senegalesen in den Süden ihres Landes fahren. müssen sie diese ausländische Enklave durchqueren.

 

Die offizielle Sprache der ehemaligen britischen Kronkolonie ist Englisch, das des umringenden Senegal Französisch, doch leben in beiden Ländern dieselben Völker der Mandingo, Wolof und Fulani, so dass die allgemeine Umgangssprache Wolof ist.

Gambia ist ein kleines Land - so beginnen alle Selbstdarstellungen - und eines der ärmsten der Welt, trotz einiger wirtschaftlicher Aktivitäten. Ein kleines Land hat einen geringen Verwaltungsapparat und kaum Verteidigungsausgaben; die Zolltarife sind dementsprechend niedrig und führen zum ständigen Dorn im Fleische Senegals, zu einem regen Warenschmuggel. Die britische Tradition der effizienten Vereinfachung der Formalitäten bewirkte, dass ausländische Investitionen und Landkauf auf wenig bürokratische Hemmnisse stießen und so die Entwicklung der touristischen Infrastruktur durch internationale Unternehmen der Touristikbranche förderten. Die Besucherzahl, überwiegend aus Skandinavien und Deutschland, wuchs kontinuierlich; die Zahl von 100.000 ist enorm im Rahmen Gambias, entlockt aber einem Pariser (70 Millionen Besucher) wohl nur ein schwaches Lächeln. Die beste Werbung machte das äußerst freundliche und friedsame Verhalten der Bevölkerung, so dass die Besucher gerne wiederkamen und zuhause auch Mundpropaganda machten. "Peace and sunshine" lautete der offizielle Werbespruch. Mondän ist Gambia nicht im geringsten, genau so wenig wie seine meist kleinbürgerlichen Besucher.

In diesen Kontext hinein plante eine europäische Firmengruppe eine Frachtfluglinie für die Ausfuhr von Meeresprodukten und Frühgemüse; die Investitionsstudie wurde unserer Firma anvertraut. Seit der Eröffnung des Frischmarktes von Rungis bei Paris hatten sich Atlantikfisch, Garnelen und Kopffüßler wie Tintenfisch oder Calamares eine steigende Nachfrage in Ländern wie Deutschland und sogar in den Beneluxländern gesichert. Auch das kleine Gambia hat eine exklusive Fischereizone von 200 Seemeilen.

An den Vormittagen führte ich in der Hauptstadt Banjul meine Erhebungen und Gespräche bei Ministerien, Banken und Privatunternehmen durch. Wie in zahlreichen afrikanischen Ländern öffnete die Verwaltung sehr früh und schloss dafür ebenfalls früh an den heißen Nachmittagen, wo die Effizienz der Arbeit fatal sinken muss. Ich hatte ein Strandhotel in Fajara gebucht, 20 km von Banjul entfernt am Cape St. Mary, und genoss eine Art bezahlten Urlaub mit Sonnenbaden und Schwimmen, da an dieser Küste die Brandung wenig gefährlich ist.

Und so begann alles. Ich lag auf dem Sand, ging zwischendurch im Wasser planschen und überwachte ständig meine Brust und meine Schultern, ob die brennende Sonne des frühen Nachmittags meiner käseweißen Haut schon eine appetitlichere Bräunung verlieh.

Der Strand war um diese Zeit wenig belebt; nach dem üppigen Mittagsbuffet mit den Schätzen der Meeres pflegten die Hotelgäste einer betäubten Siesta, und die beiden Wächter an den Grenzen des Hotelstrandes hinderten die einheimischen Souvenirhändler daran, den weißen Touristen auf dem Strand lästig zu fallen.

Nur ein einsamer junger Mann schlenderte dort einher, wo die Wellen an seinen bloßen Füßen ausliefen, und wo der Sand am härtesten ist. Er ging bis an das entfernte Ende des Hotelstrandes und kam nach einer Weile wieder zurück, und noch einmal. Beim müßigen Schlendern war sein Gesicht ständig nach oben zum Hotel gerichtet und zu dem einsamen Badegast, zu mir. Langsam wurde ich aufmerksam, und in der Tat kam er nach einigem zögerlichem Hin und zurück quer über den Sand auf mich zu. Es war ein mittelgroßer, hübscher schwarzer Bursche (aber hübsch sind sie alle), sauber angezogen mit gebügelten Jeans und einem weißen T-shirt - ich erkannte sofort, einer dieser Jungen vom Strand, ein Beachboy!

Zehn Meter entfernt blieb er stehen und rief laut:

"Hej! Hur mår du? Är du turist? Tycker du om Gambia?"

Ich schaute ihn mit großen Augen an, sagte aber kein Wort. Er gab nicht auf und rief mit einem anderen Akzent:

 

"God dag! Hvordan går det? Er du turist? Må jeg sætte mig her?"

Ich schaute ihn erneut groß am: "Try it in English, versuch's doch mal auf Englisch".

Er lachte: "Oh, entschuldigen Sie, Sir, wie dumm von mir. Natürlich spricht jedermann unsere Landessprache. Also, erlauben Sie, dass ich mich hersetze? "

"Das ist dein Land hier, das ist ein öffentlicher Strand, und ich bin ein Ausländer."

"Natürlich sind Sie Ausländer, aber Sie sind unser Gast."

Ich musste lachen; diese Burschen haben immer den richtigen Spruch drauf, um einen Touristen in ein Gespräch zu verwickeln. In Dakar zum Beispiel, wenn der Europäer die ständige Anmache durch die Straßenhändler mit ihrem Afrokitsch leid ist und nicht mehr reagiert, kommt unvermeidlich der Spruch: "Aha, Sie wollen nicht mit mir reden? Sind Sie etwa ein Rassist?" Niemand, ich sage niemand kann dem widerstehen, und schon ist man mitten im Verkaufsgespräch. Ich allein kenne die rettende Antwort, genüsslich mit der Energie des glücklichen Sadisten ausgestoßen: "Ah oui, absolument! - Ja, ganz und gar!". Eine derart gemeine Gesinnung widert den Burschen so an, dass er sofort und wortlos abdreht. In Marokko sind sie schon netter: sobald sie einen Holländer oder einen Flamen wittern, kommt der einschmeichelnde Spruch: "Niet kopen, slechts kijken!" Nicht kaufen, nur angucken...

Dieser Junge hier aber war höflich und sah gut aus, ich hatte also keinen Grund, ihn zu demütigen. Da er nichts auf dem Arm trug, war ich neugierig zu erfahren, was er schlussendlich von mir erhoffte.

"Na denn, der Gast lädt den Herrn des Landes ein, sich dorthin zu setzen, wo immer er will."

Der Junge setzte sich links von mir auf den Sand, mit der Sonne auf seinem Gesicht; es glänzte, wie seine Augen und die Zähne aus edlem Marmor. Mit Absicht oder per Zufall saß er vier oder fünf Meter weit weg, leicht oberhalb von mir, nahe genug dass unsere Stimmen die Brandung übertönten, aber auch in diskretem Abstand von einem Mann in einer verräterischen Badehose. Mir gefiel seine Diskretion, weil Europäer ab einem gewissen Alter sich leicht unwohl fühlen vor den makellos durchwachsenen Körpern afrikanischer oder ostasiatischer Jünglinge, um das altmodische aber treffende Wort zu gebrauchen.

In einigen afrikanischen Ländern, wo kaum jemals Europäer am Strand liegen, setzen sich die kleinen Dorfbuben dicht vor die Füße und starren auf das exotische Tier, flüstern auch manchmal scheu die Bitte, die seltsamen, langsträhnigen Messinghaare befühlen zu dürfen, aber ihre unschuldige Nähe kann einen Erwachsenen doch in Verlegenheit bringen, selbst wenn er nicht die geringste pädophile Ader hat.

Ältere oder gebildete Jungen hingegen respektieren instinktiv die Intimität anderer Menschen. Ich fuhr einmal mit einem meiner Schüler zu dessen Heimatdorf im damaligen Spanisch-Guinea; vor dem Abendessen bat ich darum, mich von Kopf bis Fuß waschen zu dürfen, da wir mehrmals im Schlamm der Regenwaldpiste stecken geblieben waren. Agostino begleitete mich durch den Gemüsegarten hinter dem Haus zu einem kleinen Weiher und setzte sich auf den Boden. Ich watete bis zum Knie ins Wasser und wusch mich, mit dem Rücken zu ihm. Als ich die Unterhose auszog, um das Werk zu vollenden, drehte Agostino unvermittelt den Docht der Petroleumlampe soweit herunter, dass sie gerade noch nicht ausging. Nur eine Geste, ihm unbewusst und mir unvergesslich. Anstand ist angeboren in den Gesellschaften, die in ständiger Promiskuität leben.

Nun rutschte der Herr des Landes zu mir herüber und streckte seine Hand aus: "Hello, Sir, Ich bin Stephen." Ich schüttelte die Hand, und er rutschte auf seinen Platz zurück.

"Sag mal, Stephen, was war das vorhin, als du mich angesprochen hast?"

"Das war Schwedisch, und als Sie nicht reagiert haben, dachte ich, vielleicht sind Sie Däne oder Holländer, und habe es auf Dänisch versucht. Alle Touristen hier in Fajara kommen aus Schweden und Dänemark, einige aus Holland und Deutschland. Das Hotel gehört einem schwedischen Reiseunternehmen. So wissen wir, wer die Leute sind, die sich in der prallen Mittagssonne auf den Strand legen. Also, ich habe Sie nur willkommen geheißen, weil Sie hier neu sind. "

 

Ich stand auf. "Ich will ins Wasser. Kommst du mit?" Ich hätte gerne etwas mehr von seiner reizenden Person gesehen.

"No Sir, wir überlassen diesen Strand unseren Gästen. Wir Jungen haben unseren eigenen Strand dort drüben hinter dem Kap, da schwimmen wir, spielen Fussball oder üben uns für die berühmten gambischen Ringkämpfe. Die meisten von uns haben sonst nicht viel zu tun. "

Als ich zurückkam, mich abtrocknete und keuchend auf dem Badetuch lag, saß der Junge weiterhin an seinem Platz und lächelte auf den Horizont hinaus. Nach einer Weile begann er von neuem:

"Sind Sie Amerikaner?"

Ich schaute ihn etwas verblüfft an und leicht verärgert; war ich nun der Hauptkandidat in einer Quiz-Show? Ich zog die Brauen hoch.

"Nun, Sie sprechen wie ein Amerikaner, genau gesagt, wie ein weißer Amerikaner."

"Nein, ich bin keiner. In früheren Jahren hatte ich viel mit Amerikanern zu tun, und ich habe ein Jahr lang für die Army als eingeborene Schreibkraft gearbeitet."

"Excuse me Sir, woher kommen Sie dann? Es ist nur eine Information. Wenn ich weiß, woher Sie kommen, werde ich Sie nicht länger mit Fragen über Ihr Privatleben belästigen."

"Nun denn, ich stamme aus Deutschland, ich wohne in Holland, und meine Sprache ist Französisch. Ich bleibe eine Woche lang hier in Gambia für eine wissenschaftliche Studie. Genügt dir das?"

"Es freut mich das zu hören. Ich habe einen guten Freund in Deutschland, in Hamburg, da wo sie das Fleisch hacken und nach Amerika schicken. Aber entschuldigen Sie nochmal - Frankreich, Holland, Deutschland, das klingt ziemlich kompliziert."

"Auf der Universität sagte mein Freund Jean-Louis immer 'Paul Oeuf, du bist eine internationale Nutte." Ich fühlte mich nicht verpflichtet, einem barfüssigen, englischsprachigen Strandläufer den Spottnamen zu erklären: mein mittlerer Name oder Initial lautet nach amerikanischer Mode F., Paul F., und die üble Spottdrossel Jean-Louis hatte daraus 'Paul Oeuf' gemacht, oeuf wie Ei, also Eierkopf. Mein Hintergedanke war jedoch, das Gespräch an den Rand der Klippe zu rücken. Stephen reagierte auch: "Aha, ich verstehe, Sie sind so eine Art multinationale Firma." Auf das Wort Nutte hatte er nicht reagiert. Machen wir einen neuen Versuch.

"Wo ist denn hier was los?"

In Europa ist das die übliche Fangfrage, die unweigerlich die Gegenfrage hervorbringt: "Was für eine Vorstellung haben Sie eigentlich? Theater, Kino, Nachtlokale?"

"Nun, eher etwas Spaß."

"Ich verstehe, Sie meinen Mädchen?"

"Ja, aber nicht ausschließlich. Gibt es noch was anderes?"

"Seien Sie mir nicht böse, wenn ich Sie falsch verstanden habe. Sie meinen doch nicht etwa Jungen?"

"Nein, davon weiß ich nichts, aber vielleicht wäre ich etwas neugierig, aus reiner Neugier."

"Also, an Jungen fehlt es hier nicht, und manchmal bin ich selber ein Junge..." Die Sache ist "in se pocket".

Stephen ging schon in die gute Richtung: "Außer den Hotels gibt es kaum Nachtleben in Fajara oder Bakau. Wenn Sie aber Spaß haben wollen, kann ich Sie mit einem anständigen, sauberen Mädchen zusammenbringen."

"Nein, eigentlich interessiere ich mich nicht so sehr für Mädchen..." Los, komm endlich rüber!

"Aha, ich verstehe, ich sehe da den Ehering an Ihrer Hand." Oh nein, der grausame Bursche lässt mich wieder kalt abfahren. Dazu noch in allem Anstand. Ich muss es anderswie versuchen.

Er gab mir aber doch noch eine Chance: "Sehen Sie das grüne Gebäude da oben am Kap? Das ist die Alligator Bar, ein Nachtlokal, allerdings ein afrikanisches. Wenn Sie es erlauben, zeige ich Ihnen nach dem Abendessen den Weg dorthin, sagen wir um neun Uhr da drüben unter dem Kalaobaum an der Grenze des Hotelstrandes. Ich bringe Sie auch wieder zurück, nachts kann der Strand für einen alleingehenden Europäer gefährlich sein. Und jetzt erlauben Sie bitte, dass ich nach Hause gehe. Bis dann, Mr. Paul Oeuf, wenn ich richtig verstanden habe."

Ich musste lachen: "Paul ist mein Name, weder Mister noch oeuf."

Wie abgemacht, fand ich ihn am angegebenen Ort im Sande sitzen. Er trug eine Bomberjacke aus silberglänzendem Synthetik über der nackten Brust. Wir gingen über den nächtlichen Strand zu dieser Alligator Bar auf der anderen Seite der Bucht.

 

Ein afrikanisches Nachtlokal für Einheimische ist eine großflächige, spärlich beleuchtete Baracke mit einer Bar. Der Boden besteht meist aus glattgestrichenem, dunkelrotem Zement, der mit Lampenpetroleum gepflegt wird, und der Geruch sagt schon, dass hier getanzt wird.

Die Musik kommt von einem Kassettendeck mit den größten Lautsprechern, die auf dem Markt zu haben sind. Die sechziger Jahre wurden von der sonnenstrahlenden kongolesischen Musik in der Lingalasprache beherrscht, von Rocherau und Docteur Nico; in den siebziger waren es James Brown und der migerianische "High Life" in Pidgin, mit Sunny Ade, Prince Nico Mbarga und Chief Commander Ebenezer Obey, und in den achtziger Jahren kam die Wunderstimme aus Dakar, Youssou Ndour, der in seinen besseren Jahren in Wolof sang.

Afrikaner lieben aus gutem Grund das kalte Licht von Neonröhren, weiß-bläulich oder grellgrün, das dem Europäer das Aussehen eines toten Fisches gibt, aber auf die dunkle Haut graphische Effekte zaubert wie auf einem überkontrastierten Pixelbild. Spezielle Violett-Lichtröhren erzeugen fluoreszierende Effekte auf den weißen Hemden und den Zähnen der Jungen, die in nahezu völliger Dunkelheit tanzen.

Unsere schwedischen Freunde saßen auch schon dichtgedrängt da; sie ließen sich offensichtlich vollaufen wie meistens fern ihres sittenstrengen Vaterlandes, und der Ausdruck ihrer Lebensfreude übertönte die ohrenbetäubende Musik. Wir setzten uns in die entgegengesetzte Ecke. Ich wollte meinen netten Fremdenführer in meine unsittlichen Absichten hineinreden, denn sein offenes Wesen und seine höflichen Manieren begannen ihren Charme auf mich auszuüben. Unvermeidlich keimte der Wunsch, seine Unterwäsche herabzuziehen, um nähere Bekanntschaft zu machen.

Stephen war jedoch soweit davon entfernt, so unschuldig, so rein, dass ihn seine Begeisterung in eine ganz andere Richtung forttrug:

"Wir sind uns klar darüber, dass Gambia ein ganz kleines Land ist, das kleinste von Afrika, aber wir haben zahlreiche touristische Schätze. Die Batikstoffe, die unsere Mütter einfärben, sind in der ganzen Welt bekannt, und auch Sie werden gewiss ein schönes Kleid für Ihre Gattin kaufen wollen. Was unser Kunsthandwerk angeht, hören die Schweden erst mit dem Kaufen auf, wenn das Gewicht ihrer Koffer an die 22 Kilo herankommt. Wir haben farbenprächtige Märkte, und die Leute lassen sich gerne fotografieren, wenn sie auch nicht verstehen, warum die Weißen so besessen darauf sind, Menschen zu fotografieren, die sie gar nicht kennen. Wir haben unsere Gebäude aus der Kolonialzeit um die Marina Parade herum, wir haben Menhirkreise aus der Steinzeit oben am Strom und noch viel viel mehr."

"Man kann auch an Ausflügen auf dem Strom teilnehmen, meistens mit den amerikanischen Touristen, Schwarze wie wir, aber sie sprechen kein korrektes Englisch wie wir Gambier, sondern einen absonderlichen Dialekt. Wir waren schließlich die erste Kronkolonie in Afrika und britisch seit siebzehn..., helfen Sie mir, siebzehn... siebzehn hundert fünfundsechzig, ja.

Die Vorfahren dieser Amerikaner wurden in diesem Lande jahrhundertelang von den Weißen gekidnappt, nach Amerika deportiert und dort als Arbeitstiere auf dem Markt verkauft.

Einer von Ihnen hat ein dickes Buch geschrieben über die Wurzeln seiner Familie in Gambia, und er hat die Spur des Großvaters seines Großvaters in Juffure entdeckt, 30 Kilometer stromaufwärts. Jetzt wollen alle seine Brüder den Ort besuchen. Sie schauen den Leuten ins Gesicht oder bitten höflich darum, die alten Familienphotos sehen zu dürfen. Unter ihnen sind viele Mandingos, aber sie sind alle sehr reich, ihre Autos sind alle viel größer als das offizielle Auto von Sir Dawda, unserem Präsidenten, und es gibt sogar schwarze Generäle, welche weiße Offiziere kommandieren, wirklich! Ihre Frauen tragen Karnevalshüte und Brillen mit Diamanten und Vogelfedern, und dazu manchmal so kurze Hosen, dass ich wegschauen muss. Sie sehen seltsam aus, aber unseren Leuten gegenüber sind sie sehr respektvoll, nicht wie die Weißen, die uns oft nicht einmal sehen.

 

Der nächste Ausflug der River Travel Agency findet am Sonntag mittag statt. Vielleicht wäre es Ihnen zu teuer für zwei Personen, oder?"

"Wieso, ist da kein Fremdenführer dabei, der alles erklärt?"

"Doch schon, da ist immer einer dabei, aber der sagt nur, was die Leute selber sehen. Wenn sie ein Fischerboot kreuzen, sagt er, das ist ein Fischerboot, aber er erklärt nicht, wann der Mann vor Sonnenaufgang hinausgefahren ist, was er fängt und so. Dazu machen die Führer Witze über unsere Leute, um die Weißen zum Lachen zu bringen. Ich kenne die Weißen besser als die Leute vom Ministerium. Die alten wollen nur Schatten und kühle Getränke, aber die jüngeren wollen die Dinge hinter den Dingen verstehen. Ich bin ein richtiger Fremdenführer."

"Du hast also ein Diplom?"

"Ich habe mehr als ein Diplom. Ich liebe mein Land und ich kenne die Dinge hinter den Dingen."

"Und was ist hinter dir?" Ich sollte mich wirklich schämen.

Er überlegte kurz. "Hinter mir bin immer ich." Schon wieder eine Abfuhr durch die Unschuld. Trotzdem wollte ich es weiter versuchen, solange ich hier war, oder bis die reife Frucht mir in den Schoß fiel.

Auf dem Heimweg über den dunklen Strand zu den Lichtern der Hotelanlage machte ich einen letzten Versuch: "Diese Schweden oder Dänen machen sehr viel Lärm."

"Das tun sie immer, wenn sie viel getrunken haben."

"Begleitest du sie manchmal?"

"Nein, nicht, wenn sie mehrere sind denn sie reden über Dinge oder machen Witze, die ich nicht verstehe; ich kann nur ganz wenig Schwedisch. Ich war zweimal dort, mit einer Dame aus Schweden und mit einer anderen aus Holland. Aber in einer Gruppe ist kein Platz für mich."

"Hast du die beiden blonden Jungen gesehen, die abseits von den anderen saßen. Der eine hat einmal seinen Freund auf den Mund geküsst."

"Ja, ich habe sie bemerkt, aber ich habe nicht gesehen, wie sie sich geküsst haben. Warum sollten sie auch?"

"Weil sie sich lieben. Hast du nie einen Mann geliebt?"

Er blieb stehen, und soweit ich in der mondlosen Nacht erkennen konnte, zeigten seine Miene und sein offener Mund helle Empörung:

"Wollen Sie damit sagen, dass die Sachen miteinander treiben?"

"Ja, sie haben ganz gewiss Sex miteinander, das ist gar nicht so außergewöhnlich. "

"Das ist ekelhaft, was Sie da sagen. Und das ist doch unmöglich. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie die das machen, und ich will auch gar nichts mehr davon hören. In unserem Lande gibt es sowas nicht, und ich habe noch nie nie davon reden hören. Das einzige, was ich weiß, ist dass es in Dakar einige Franzosen und Libanesen gibt, die einheimischen Jungen Geld geben, um mit ihnen zu spielen, aber nein, echt, da muss ich kotzen."

O sancta Innocentia! Jetzt durfte ich keinen Schritt weiter, und wir waren auch schon am Strandeingang des Hotels angekommen, wo der Wachtmann auf mich wartete. Er trug eine khakifarbene britische Tropenuniform mit knielangen weiten Shorts, dicken Silberknöpfen und eine schwarze Polizeimütze, aber ohne Abzeichen. Auf der Schulter trug er den Treibstock der Fulanihirten mit dem dicken Knauf, eine leichte aber gefährliche Waffe. Stephen verschwand schnell in der Nacht. Ich fragte den Wachmann:

"Noï on inde ma? Was ist denn dein Name?"

"Diallo, Massa."

"Ah Diallo, jam na?"

"Jam, jam kodume, Massa. A nani Poular, boddum." Es geht mir gut, äußerst gut. Du sprichst Fulfulde, das ist gut."

"Ah, gido-am, a woowri sukka-do?" Sag mal, mein Freund, kennst du diesen jungen Mann?

Diallo antwortete auf Fulfulde, wohl als Kompliment für meine ungeschickten Versuche in dieser wohllautenden internationalen Sprache:

"Ja, Massa, ich kenne ihn schon längere Zeit. Das ist ein anständiger Junge, er wird dich nicht bestehlen oder sonstwie unverschämt werden. Manchmal laden ihn am Nachmittag die weißen Mädchen an die Terrassenbar ein. Aber in der Nacht darf er hier nicht herein" sagte er und schwenkte seine Keule. Ich drückte meinem neuen Freund ein sattes Trinkgeld in die Hand; er machte große Augen, als er es in der Dunkelheit betastete. Ich ging zu meinem Bungalow.

 

Am Sonntag vormittag fuhren wir zum Flusshafen von Banjul und stiegen in die Barkasse stromaufwärts nach Juffure und James Island. Unterwegs erzählte mir Stephen viele Dinge und, wie versprochen, manche interessante Dinge hinter den Dingen. Er erklärte auch, dass schon früher, als die Briten das Schulwesen organisierten und die wichtigen Examen wie das GCE in London oder Oxford bewertet wurden, die Kinder in allen britischen Kolonien wie Sierra Leone und Nigeria zunächst ihre eigene Geschichte lernen mussten, während die Kinder unserer Kolonien noch auswendig lernten "Nos ancêtres les Gaulois – unsere Vorfahren, die alten Gallier...".

Am Ufer, dicht am Wasser, tauchte das Fort Albreda auf, ein französischer Handelsposten aus dem achtzehnten oder neunzehnten Jahrhundert. Stephen berichtete, dass das Gebäude seit langem leer stehe und in sehr schlechtem Zustand sei, dass auch manchmal Franzosen vorbeikämen und sich daheim um Mittel zur Restaurierung bemühen wollten, um das historische Denkmal zu retten. Und weiter plapperte er, er war wirklich das großzügige Honorar wert, das ich nach der Rückkehr für ihn vorgesehen hatte.

Die "MS Lady Wright" kam uns entgegen, ein schweres Motorschiff, das die Passagierlinie stromaufwärts bediente. Die Heckwelle schüttelte unser Boot, und ich fiel voll auf einen Herrn, der links neben mir auf der Bank saß. "Excuse me Sir!". Ich bereute gleich meine Anrede, denn der ältere Herr war offensichtlich ein Mandingo oder ein Serer, der den üblichen Anzug der senegalesischen Geschäftsleute oder Beamten trug, eine kurzärmlige Jacke mit offenem Kragen aus Anzugstoff mit der dazu passenden Hose. Die einheimischen Schneider nähen so etwas über Nacht für ungefähr achtzehn Mark. So verbesserte ich mich: "Excusez-moi, Monsieur, un mouvement du bateau."

Der Mann lächelte freundlich: "Oh don't mind, glad to meet another American." Meine Kleidung war ihm nicht aufgefallen, obwohl wir die gleichen Schneider hatten, hingegen mein leichter amerikanischer Akzent. "Thank you Sir, aber wenn Sie genauer hinhören, kommt mein deutscher Akzent unter meinem Englisch hervor. Sie wissen ja, die Befreiung unseres Volkes durch die Amerikaner, das Zusammenleben mit den Besatzern, die Stimme Amerikas, AFN, die Amerikahäuser. Da bleibt viel hängen."

"Wollen Sie auch Juffure besuchen?"

"Natürlich, ich wäre allerdings auch gerne in Fort Albreda ausgestiegen, und ich bin schon sehr gespannt auf James Island, wo die Leute eines deutschen Fürsten, des Herzogs Jakob von Kurland, 1654 einen bewaffneten Handelsposten errichteten und wo sie auch Sklaven aufkauften. Für einen Deutschen ist das ein bewegender Ort, aber auch eine beschämende Erinnerung."

"Meine erregenden und schmerzlichen Ursprünge liegen in dieser Region, vielleicht sogar in Juffure. Es amüsiert mich, wenn manche Leute mich hier auf der Straße grüssen. Können Sie sich vorstellen, dass ich aus Detroit bin?" Er prustete laut los. Stephen schaute erstaunt herüber und grüßte bescheiden, aber die beiden wechselten während der ganzen Reise kein Wort. Ich teilte nun meine Aufmerksamkeit zwischen dem Mandingo aus Bakau zu meiner Rechten, und dem anderen Mandingo aus Detroit.

Das Programm des Ausflugs ging weiter, und es war rührend anzusehen, wie die amerikanischen Besucher die Hände der Bewohner von Juffure schüttelten; einzelne, auf beiden Seiten, hatten gar Tränen in den Augen. Nach einigen Stunden hatte der Schiffs- und Fremdenführer die größte Mühe, die wiedergefundenen Verwandten auseinanderzureissen, um das Programm noch vor Sonnenuntergang abschließen zu können.

Meine Emotionen kamen auf den Ruinen der Feste Jakob auf James Island hoch, in Begleitung meiner beiden Mandingofreunde. Stephen ergänzte meine angelesenen Kenntnisse durch Informationen über den aktuellen Status der Insel, und der Herr aus Detroit hörte gespannt zu. Stephen erzählte auch, dass sich hier zeitweilig die erste Hauptstadt der Kronkolonie befand und später eine Basis der britischen Seepolizei, die von hier aus die Einhaltung des Gesetzes von 1806 kontrollierte, welches den schändlichen Sklavenhandel für illegal erklärt hatte. Ich fand es erhebend, was die jungen Menschen in diesem Lande in der Schule lernten.

 

Im Nationalarchiv hatte ich die alten Karten studiert. Die Insel war früher viel größer gewesen und man konnte voraussehen, dass eines Tages die rastlosen Wellen des Stromes die Insel und das unscheinbare, doch bedeutungsträchtige Baudenkmal verschlungen haben würden.

Der Hafen von Banjul kam schon in Sicht, da beugte sich der Gentleman aus Detroit zu meinem Ohr und sagte mit einem zweideutigen Lächeln: "Sie haben da einen ungewöhnlich reizenden Begleiter dabei. Haben Sie den auf dem Strand eingefangen, oder hat er Sie eingefangen? Ich bin im Banjul Atlantic untergebracht und hatte noch kein solches Glück."

"Sir, was erlauben Sie sich für eine Andeutung?"

"Kommen Sie, wir sind doch von derselben Fakultät... Selbst die sorgfältigst überwachte Körpersprache lässt Gleichgesinnte einander doch erkennen, oder?"

"Die Ihrige ist aber fehlerlos überwacht. Nun denn, Sie bringen mich in Verlegenheit, aber das Geräusch des Motors wird unsere Stimmen wohl übertönen. Was Sie da behaupten, könnte ja vielleicht so sein, vielleicht." Ich lächelte so glücklich wie immer, wenn ich kurz aus dem sorgfältig gehüteten Versteck heraustreten und frische Luft atmen kann.

"An dem Jungen hätten Sie aber keine große Freude, der ist ein stino, stinknormal, ein rabiater Hetero. Zuerst war er gar nicht auf Empfang, aber auf meinen letzten Annäherungsversuch hin hat er einen richtigen Aufstand gemacht. Mit dem Beachboy lagen Sie richtig, er sucht nach Geld. Aber mit dem ist wirklich nichts zu machen."

"Dieser Meinung bin ich nicht ganz. Ich beobachte ihn aufmerksam, seitdem er an Bord gestiegen ist, und ich bin mir absolut sicher, der hat eine einschlägige Erfahrung. Ich würde sagen, gehen Sie ihn direkt und ruhig an, oder warten Sie auf einen günstigen Anlass, um ihm das Lasso über den Hals zu werfen und ihn auf Ihre Matratze zu ziehen. Ein bisschen Geld wird ihm den Entschluss leichter machen. Sie wissen ja, die Kerle haben nur eines im Sinn, etwas Geld nach Hause zu bringen, damit ihre Mama am nächsten Morgen auf den Markt gehen kann. Die sind ja alle so arm, und Fleisch kommt nur selten auf den Tisch. Also. nicht aufgeben und viel Glück!"

Er lachte schallend. Stephen schaute erstaunt herüber. Wenn der gute Junge gehört hätte, wovon wir beide sprachen, wäre er gewiss in Panik in den Strom gesprungen.

Die Tage zogen vorbei. Die erste Phase meines Auftrages war abgeschlossen und die vorläufigen Ergebnisse mussten mit dem Vorstand und der Rechtsabteilung unseres Auftraggebers durchgesprochen werden. Den Stephen hatte ich noch ein paarmal auf dem Strand getroffen und wir waren auch noch einmal in der Alligator Bar, aber mein Interesse war merklich abgekühlt; ich hatte es aufgegeben, ihn in etwas hineinreden zu wollen. Im Falle eines echten Notstandes kannte ich in Banjul den einen oder anderen Ort, wo man leichten Kontakt mit willigen Burschen finden konnte. Derzeit beschäftigte mich aber der vorläufige Abschluss meiner Mission, und die Bräunung meiner Haut hatte auch sichtbare Fortschritte gemacht.

Ich sass schon im Zubringerbus zum Flughafen inmitten fröhlich kreischender Schwedenmädel, da erschien der Wachtmann in der Bustür und winkte mich zu sich her: "Excuse me Ssa, da sein jemand der will mit Sie reden bevor Sie weg. und das sein wichtig." Ich stieg hinter ihm aus und stand direkt vor Stephen. Er keuchte außer Atem.

"Sir, ich bin ja so glücklich, dass ich Sie noch angetroffen habe. Darf ich Sie um einen Rie...sengefallen bitten? Würden Sie bitte diesen Brief bei Ihrer Ankunft in Deutschland in den Briefkasten werfen? Es ist dringend, bitte Sir!"

"Kein Problem, morgen früh steckt der im Briefkasten am Flughafen." Ich checkte kurz den Umschlag, an irgend jemand in Hamburg, und in dicken Buchstaben stand da "Confidential".

"Aber wer ist der Absender, dieser Abdullaye Sefing?"

"Das bin ich, mein offizieller Name ist Abdullaye, aber Stephen ist mir lieber, sogar meine Mama nennt mich so."

"Geht in Ordnung. Ich habe dir gesagt, dass ich in zwei Wochen wieder hierher muss, und ich werde dir dann bestätigen, dass der Brief angekommen ist. Bis dann also."

 

Bei der Ankunft in meinem Garni in Frankfurt packte ich mein Gepäck aus und fand unter den Reisedokumenten in der Seitentasche den bewussten Brief, den ich auf dem Flughafen ganz vergessen hatte. Ich würde ihn heute Abend einfach am Empfang abgeben. Auf einen Tag oder mehr kam es bestimmt nicht an.

Aber dann wurde ich nachdenklich. Was war denn so wichtig und vertraulich, dass der Junge nicht gewagt hatte, seinen Brief selber in Bakau oder Serrekunda aufzugeben? Ich hatte einst eine sehr gefährliche Situation vermeiden können, weil ich den Dingen auf den Grund gegangen war.

Kamerun war bekanntlich bis 1919 Bestandteil des Kaiserreiches. Es gab in den sechziger Jahren noch manche ehemalige Soldaten, Post- und Zollangestellte, die nach fünfzig Jahren weiterhin ein flüssiges Deutsch sprachen und ihren damaligen Herren nachtrauerten; wir nannten sie unter uns die "alten Deutschen". Das Goethe-Institut veranstaltete etwas herablassend "Auffrischungskurse", und der Botschafter empfing sie einmal im Jahr im Garten der Residenz. Einer von ihnen, ein ehemaliger Schulmeister aus Duala, gab mir am Vorabend des Heimatfluges einen versiegelten Brief, den ich in Deutschland einwerfen sollte. Das versprach ich gerne.

Bevor ich aber zum Flughafen fuhr, holte ich den Brief aus meiner Reisetasche. Er war adressiert an den Bundeskanzler Dr. Adenauer persönlich. Ich öffnete ihn. Es war eine flammende Hetze gegen die Franzosen und den damaligen Staatspräsidenten El Hadj Ahmadou Ahidjo. Der Schreiber flehte um die sofortige Entsendung deutscher Truppen nach Kamerun und um die Wiedereinrichtung der kolonialen Verwaltung. Gänzlich abwegig war die Idee nicht, da die deutsche Zeit bis heute nachwirkende Investitionen in Infrastruktur, Städtebau und Plantagenwirtschaft gebracht hatte, aber die einzigen Nutznießer waren damals die paar hundert einheimischen Gehilfen der Deutschen gewesen, während die gesamte Landbevölkerung draußen vor geblieben war. Der Verfolgungswahn mit den Franzosen wurzelte in dem persönlichen Drama eines Unangepassten, und irgendwo klang eine masochistische Verzückung an, wenn die brutalen und rassistischen kaiserlichen Beamten als "hart aber gerecht" verklärt wurden.

Ich wollte den persönlichen Referenten des Kanzlers keine Gelegenheit geben, über einen dummen Neger zu spotten. Vor allem aber dachte ich an die scharfen Polizeikontrollen am Flughafen, und insbesondere an das CEDOC von Hauptkommissar Fochivé, die überall präsente Staatssicherheit, die niemand je der Intelligenz bezichtigt hat. Spionage, Hochverrat wäre noch das geringste gewesen, und unter der Folter hätte ich sofort die Identität des Briefschreibers und damit sein Leben preisgegeben. Also in den Lokus eingeworfen, in den Orkus gespült, und leichten Herzens fuhr ich zum Flughafen.

Mir kommt noch immer das Zittern. Hier lag ein ähnlicher Fall vor, wenn gewiss auch nicht so kriminell. Trotzdem habe ich kein Problem damit, zwischen der Loyalität zu mir und der zu jemand anders zu wählen.

In der Kaffeeküche des Garnizimmers hier in Frankfurt fand ich einen Wasserkessel zum Aufbrühen von Teebeuteln. Der Dampf aus dem Schnabel öffnete schnell den so vertraulichen Brief. Ich fing an zu lesen, aber dann warf mich das Entsetzen rückwärts auf das Sofa. Da stand:

"My dear love Heinz! Es ist mir eine Freude dir mitzuteilen, dass ich gesund bin und dass alle im Haus auch gesund sind, alhamdulillah. Onkel liegt noch immer mit seinem gebrochenen Bein zuhause, der Bruch will nicht heilen, er kann nicht arbeiten und in der Küche wird es jetzt dramatisch. Außer dieser Katastrophe ist alles hier ok, und Usman lässt dich grüssen und der Wachtmann Diallo auch. Und meine Mama auch, und meine kleine Schwester Aïssatu der du die Puppe geschenkt hast, auch. Liebster Heinz, ich werde nie die Nächte vergessen, die ich mit dir verbracht habe und es erregt mich immer, wenn ich an all die Sachen denke, die du mir beigebracht hast und wie du mich geküsst hast und wie du geschworen hast ich bin dein Baby für immer. Bitte, liebster Heinz, schicke mir ein Flugticket nach Hamburg und Geld für einen Reisepass, und ich werde dir von morgens bis morgens dienen, ich werde als dein Hausboy arbeiten und nachts werde ich alles tun, damit du dich wohlfühlst. Du hast mir gesagt, dass du dich mit mir wohlgefühlt hast wie noch nie in deinem Leben. Und ich will es noch viel besser machen, denn ich werde andere Sachen lernen die dir noch wohler tun. Ich denke an dich Tag und Nacht. Hier ist ein anderer Deutscher oder Franzose, ich sehe da nicht ganz klar was, der ist sehr sehr nett zu mir und ich habe gleich gemerkt dass er mit mir Sex treiben will. Er gibt mir auch Geld, aber nur dafür, dass ich ihn in die Alligeytor bar begleite wo wir beide so schöne Stunden verbracht haben und nach Juffure, und das Geld hilft uns ein wenig aus der Misere. Er fliegt in ein paar Stunden ab und wird diesen Brief in Deutschland einwerfen, so hast du ihn übermorgen. Er kommt bald wieder nach Banjul und wird es erneut bei mir versuchen, aber ich schwöre dir, er kriegt mich nie, denn du bist meine einzige Liebe und das habe ich geschworen, wal'lahi. Jetzt muss ich meinen Brief abschliessen und versiegle ihn mit tausend Küssen. Dein dich für immer liebender Stephen."

 

Das war ein Schlag ins Kontor. Der Mann aus Detroit hatte also richtig gesehen, doch hätte niemand einen solchen Ausbruch von sentimentaler Raserei erraten. Das könnte für den Jungen lebensgefährlich werden. Könnte.

Andererseits weiß ich gut, dass Afrikaner, insbesondere Jugendliche, die nie in Europa waren, einen ausgesprochen überschwänglichen Stil haben, wenn sie in Französisch (oder wie hier, in Englisch) schreiben. Dieser Stil reflektiert in keiner Weise ihr ausgewogenes, männliches Verhalten. Auf der Jagd in einer abgelegenen Buschregion von Gabun hatte mich der dortige Gendarm einmal zum Essen eingeladen, seine Frau saß auch am Tisch, und wie auf der ganzen Welt ist ein Polizeibeamter ein ausgewogener Mensch. Zu Neujahr bekomme ich den üblichen Glückwunschbrief, da ich ihm meine ganze Munition für sein Kaliber 12 dagelassen hatte, und der Brief war unterzeichnet "Mit heißen Küssen, dein MDL Albert." Meine Frau stieß auf den Brief und fragte sichtlich beunruhigt: "Was ist da zwischen euch beiden gelaufen?" Ich konnte nur sagen, "Du kennst doch die Negerbriefe."

Hier war deutlich zu verstehen, dass Stephen eine umfassende homosexuelle Erfahrung gemacht und warum er meine Anmache so konsequent zurückgewiesen hatte. "In unserem Lande gibt es sowas nicht, und ich habe noch nie nie davon gehört." Das wollte er mir auftischen, denkste!

Ich ging zur Rezeption hinab und machte eine Photokopie von dem Brief, den ich hier zitiere. Dann verschloss ich ihn wieder, der Klebstoff war noch aktiv und mich erregte der Gedanke, den Speichel von Stephen zu schlabbern. Ich legte die beiden Bände des Frankfurter Telefonbuches drauf, und am nächsten Morgen war der Brief blasenfrei und glatt. Marke drauf, und ab in die Post.

An den kommenden Tagen war ich voll beschäftigt mit den Besprechungen meines Vorberichtes. Zum Wochenende beschenkte ich meine Familie mit dem Glück meiner Anwesenheit. Als dann die zweite Projektphase anstand und die Unterzeichung des Vertrages zwischen meinen Auftraggebern und der zuständigen Regierungsstelle in Banjul vorzubereiten war, rief ich bei der British Caledonian an und reservierte meinen Flug nach Banjul-Yundum. Ich freute mich schon auf Stephen und darauf, dass ich ihn diesmal "in se pocket" hatte.

Ich hatte die Hamburger Adresse aufgeschrieben. und da alle 30 Millionen deutscher Telefonadressen auf einer einzigen, 20 Gramm schweren CD Platz haben, fand ich diese mühelos. Ich rief am Abend an, wenn die Leute zuhause sind und die Tagesschau noch nicht begonnen hat, diese Zeit ist tabu in Deutschland.

Eine eiskalte Stimme antwortete: "Ja, das ist hier. Was wollen Sie?"

"Sie kennen mich nicht, mein Name ist Paul Moran, ich bin Finanzberater und ich arbeite gerade an einem Projekt in Gambia. Ich sass schon im Zubringer zum Flughafen, da kam ein Mann angerannt und bat mich, einen dringenden Brief bei der Ankunft in Deutschland in den Kasten zu werfen. Frage: Ist der Brief von diesem Abdullaye letzte Woche angekommen?"

"Wer sind Sie denn, und was wollen Sie eigentlich von mir?"

"Ich habe Ihnen gesagt, wer ich bin und habe Sie gefragt, ob der in Frankfurt eingeworfene Brief aus Gambia gut angekommen ist. Ich bin am Mittwoch nachmittag zurück in Banjul, und die erste Person, die ich sehen werde, ist bestimmt dieser Abdullaye, und der wird mich mit Fragen löchern, ob es schon eine Antwort gibt, bevor Sie ihm direkt schreiben."

"Ich verstehe echt nicht, was Sie von mir wollen und was Ihre Hintergedanken sind."

"Ich habe Ihnen alles erklärt und gebe Ihnen gerne meine volle Anschrift und meine Kontaktadressen hier in Frankfurt, wo Sie sich erkundigen können. Schauen Sie, ich arbeite gerade an einem großen Investitionsprojekt und habe den Kopf voll damit. Der Brief eines jungen Buben ist wirklich das letzte für mich, und ich verliere vielleicht unnötige Zeit und Telefoneinheiten hier, aber dieser... dieser Abdullaye war so höflich und voller Anstand, dass ich ihn nicht enttäuschen will. Wenn da keine Antwort ist, werde ich ihm sagen, dass da keine Antwort ist, basta. Darf ich jetzt einhängen?"

"Moment mal, dieser Scheißbrief ist tatsächlich angekommen. Wissen Sie, was da drin stand, oder hat er den Ihnen diktiert? "

"Also hören Sie mal. Der Brief war zugeklebt, als ich ihn bekommen habe. Dann müssten Sie die Handschrift eines afrikanischen Oberschülers von der eines deutschen Ingenieurs unterscheiden können. Und mit allem, was mir am Hals hängt, interessiere ich mich echt nicht für die Epistel eines Negerbuben. Ich arbeite seit zwanzig Jahren in Afrika, ich kenne deren übertriebenen Stil und ihre übertriebenen Erwartungen an uns Europäer; meistens heißt es, wir waren doch so gute Freunde, bitte schicke mir Geld. Kein Betrag, keine Kontonummer. Ergreifend, und peinlich lachhaft."

"Das klingt, als ob Sie diesen lächerlichen Brief tatsächlich gelesen hätten, das ist immer der gleiche sentimentale Scheiß. Sagen Sie ihm einfach, ich hätte den Brief bekommen, aber ich hätte gerade große Probleme, mein Haus sei auf die Grundmauern abgebrannt oder sowas. Dieses Jahr kann ich nicht nach Gambia kommen wie vorgesehen (unter uns, die Welt ist groß). Vielleicht komme ich in ein paar Jahren wieder. Ich weiß nicht, wie weit Ihre Bekanntschaft mit dem Jungen geht, aber machen Sie ihm klar, dass er von mir nichts erwarten kann und mich in Frieden lassen soll. Doch tun Sie ihm nicht weh, er ist im Grunde doch ein nettes Kerlchen."

"Wenn ich ihn treffe, werde ich es ihm schonend beibringen. Wir verstehen ja beide die Situation, diese jungen Burschen leben in der Vorstellung, dass wir alles fertig bringen, Geld wie Heu haben und keinerlei Zwängen unterliegen. Seien Sie das nächste mal vorsichtig, bevor Sie so einem in einer Wallung ihres guten Herzens Versprechungen machen." (Dreckiger Bubenschänder, fügte ich in Gedanken hinzu)

"Werde ich. Aber höre ich nochmal von Ihnen?" Am Mittwoch früh um fünf klingelte mich das Taxi raus und brachte mich zum Flughafen, Richtung Gambia.

"Nein, nie mehr. Ihre Adresse ist gerade in den Papierkorb unter meinem Schreibtisch gewandert. Adieu."

Am Mittwoch früh um fünf klingelte mich das Taxi raus und brachte mich zum Flughafen, Richtung Gambia.

 

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