Der Epilog: Die Wahrheit über Leon, Nico, Felix, Olaf und Basti. Und was Elco tatsächlich damit zu tun hat.
Alpha Männer / Bareback / Bisexuell / Dominant & Devot / Dreier & Orgie / Gay-Treffs / Große Schwänze / Muskeln / Romantik / Sportler
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Nachwort

Der folgende Epilog ist das Ende der Geschichte von Leon und seinen Erlebnisse im Sommer 1982. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass er nicht von mir stammt, sondern von T.S.Marian, der bereits vorher viele Kapitel mit seinen Dialogen gestaltet hat. Darum hatte ich ihn gebeten, da mir selber glaubwürdige Dialoge schon immer schwergefallen sind und ich am Ende unsicher war, ob ich nach oft sehr harscher Kritik überhaupt noch weiter schreiben sollte. Dann kamen private familiäre Probleme hinzu und Tim hat dankenswerterweise aus meinen Stichworten dieses, wie ich finde, sehr würdige Finale geschrieben. Danke auch an Norbert und Pieter für Eure unablässigen Ermutigungen. Beim echten realen „Leon“ bedanke ich mich außerordentlich, dass ich seine Tagebuchaufzeichnungen aus dieser Zeit verwenden durfte. Es versteht sich wohl von selbst: Die Namen aller Beteiligten sind natürlich verändert. Dasselbe gilt auch für meinen Nachnamen.

 

Epilog

Sommer 2020

»Wollt Ihr zwei da eigentlich bis in alle Ewigkeiten sitzen bleiben? Seit drei Abenden geht das nun schon so. Um was genau dreht es sich denn bei diesen ganzen Notizen und Aufzeichnungen?« Meine Mutter kam mit ihrem ständig etwas überhasteten Gang an unseren Tisch.

»Werde ich Dir irgendwann gerne erklären, aber noch nicht, Mama.«

Sie warf mir einen für sie sehr typischen skeptisch-ironischen Blick zu, gab mir einen sanften Klaps auf den Hinterkopf und schaute mein Gegenüber an.

»Schöne Geheimniskrämerei! Na, dann, Herr Wagner, Sie schließen bitte vorne ab und schalten den Alarm an. Hinten habe ich alles zugemacht, Enrico wird morgen früh vom Großmarkt mit den Einkäufen kommen, deshalb hab ich schon mal vorsorglich den Kühlraum aufgeräumt. Licht in Küche und den Toiletten ist aus.«

Etwas unschlüssig pendelte sie auf ihren Pumps hin und her. Ihre unterdrückte Neugierde war nicht zu übersehen.

»Hast Du alles, mein Junge? Schlüssel etc? Und macht nicht zu lang, bitte! Es ist doch schon kurz vor halb eins. Mit dem Fahrrad dann noch die Strecke in der Dunkelheit, da mache ich ....«

Ich stand auf und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Du musst Dir keine Sorgen machen, Mama. Herr Wagner, sagen Sie mir bitte, dass das irgendwann mal aufhört?«

»Das kann ich nicht. Auf Ängste um ihre Kinder haben Mütter ab der Empfängnis ein lebenslanges Anrecht.« Er schüttelte milde lächelnd den Kopf und suchte in seiner Westentasche nach seinem Zigarettenetui.

»Du hast gehört, was Herr Wagner gesagt hat: Lebenslanges Anrecht! Dann sehen wir uns morgen. Ab elf Uhr dreißig bin ich da. Sie denken an die Reservierungen für die Geburtstagsfeier am Abend. Gute Nacht, Herr Wagner.«

»Gute Nacht, Frau Farini.« Er stand etwas mühevoll auf und deutete eine winzige Verbeugung an.

»Buona Notte, Domi!«

Damit hastete meine Mutter dem Ausgang des Restaurants zu, winkte nochmals durch die breite Terrassenglasfront und verschwand in der Dunkelheit des Parkplatzes.

»Ich würde jetzt gerne eine rauchen, wenn es .... Bin kurz draußen.«

Ich sah ihm nach, wie er leicht wackelig den Tisch umrundete, einen der entleerten und gesäuberten Aschenbecher hinterm Tresen ergriff und damit auf die Terrasse schritt. Ich nahm mein Smartphone, schaltete den Voicerecorder an und hörte mir die letzte Passage noch einmal an.

„Ich werde dich wieder ficken, kleine Schlampe. Wir werden bumsen von jetzt bis in alle Ewigkeit.“ Mit diesen Worten endete die Aufzeichnung. Herr Wagner hatte es fast ohne Stocken, aber vor allem fast ohne jede Emotion exakt so diktiert. Ich schaute nach draußen. Nur von der Innenbeleuchtung etwas angestrahlt, ruhte Herr Wagners Blick auf dem kleinen künstlich angelegten See. Die Zigarette zitterte leicht in seinen Händen. Dabei war es mit dreiundzwanzig Grad um diese Uhrzeit wirklich noch sehr warm. Tausend Fragen blieben offen in seiner Erzählung. Einer Geschichte, die mir eigentümlich nüchtern und ohne Hoffnung erschien. Was war danach nur passiert?

Normalerweise rauchte ich nur, wenn ich mich auf Feiern oder im großstädtischen Nachtleben rumtrieb. Aber jetzt, wo ich Herrn Wagner so dastehen sah, überkam mich die Schmacht. Also holte ich aus meiner Umhängetasche ein Päckchen für diese emotionalen Notfälle und huschte nach draußen.

»Dachte, ich leiste Ihnen Gesellschaft, Herr Wagner.« Ich zündete mir eine Gouloises an und bot ihm ebenfalls noch eine an.

»Oh, ich ... Danke sehr. Eigentlich sollte ich schon lange nicht mehr rauchen, aber ... naja, es ist wie es ist. Weißt Du, ich finde es albern, dass wir uns siezen. Und ich bin ja der Ältere, also, wenn es Dich nicht stört, würde ich es begrüßen, wenn ... Ich meine, Du hast so viele intime Details, in den letzten drei Tagen zu hören bekommen. Da wäre es doch komisch, wenn ... Nur, weil Deine Mutter meine Chefin ist, könnten wir ja trotzdem .... Darf ich fragen, warum Deine Mutter Dich Domi nennt? Ich dachte, Dein Rufname wäre Elco?«

 

»Ach, stimmt auch. Ich habe drei Namen. Elco Domenico Alberto. Mutter ist bei der kindlichen Fassung Domi geblieben. Alle anderen, auch in der Schule oder jetzt an der Uni nennen mich Elco. Und ja, selbstverständlich. Ich freue mich sehr, wenn wir uns duzen. Hab mich nur nicht getraut, aber nochmals ja. Sehr, sehr gerne, Leon«, fiel ich ihm fast ins Wort. Ein schmallippiges Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Herr Wagner, beziehungsweise Leon schien erschöpft zu sein.

»Bestimmt hast Du Dich schon die ganze Zeit gefragt, Elco, warum ich Dir diese ganze Geschichte erzähle, oder?«

»Ja, sicher. Ein wenig schon. Aber ich dachte, es ...« Jetzt war er es, der mich unterbrach.

»Dieses Lokal existierte schon damals, als ich hier aufwuchs. Sehr, sehr oft habe ich mit meiner Mutter hier gegessen und auf den See geschaut.« Ich folgte seinem Blick, der auf das andere Seeufer gerichtet war. Keine Ahnung, was er dort zu sehen glaubte oder ob es nur die Schemen der Vergangenheit waren. »Eigentlich sind wir hier immer eingekehrt auf dem Weg hin oder zurück zu meiner Großmutter. Oder aber, wenn es kleine Anlässe gab, wie Geburtstage, eine gute Schulnote, ein guter Geschäftsabschluss. Wann haben Deine Eltern das Restaurant übernommen?«

Ich musste nachdenken. Es war kurz bevor mein Vater bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Meine Mutter hätte damals beinahe sofort wieder das Lokal verkauft, aber der Verlust wäre wegen des Kredits einfach zu hoch gewesen. Also hatte sie die Zähne zusammengebissen und weitergemacht.

»Ich meine, es war im Frühjahr 2012. Aber, wenn Sie, äh, sorry, Du das genau wissen möchtest, müssten wir meine Mutter befragen.«

»Ach, schon gut. Also gut ein Jahr, bevor meine Großmutter starb.« Er zog nachdenklich an der Zigarette. »Sie war die Letzte meiner Familie. Jetzt bin nur noch ich da. «

»Das tut mir sehr leid, Leon. Was ist denn mit Deinen Eltern passiert? Warum ...«

Seine Hand lag auf meiner Schulter noch, bevor ich die Frage beendet hatte. »Weißt Du, Elco, in der Familie Wagner hat außer meiner Großmutter niemand ein besonders hohes Alter erreicht. Eher im Gegenteil. Der Krebs scheint sich bei uns besonders wohlzufühlen. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter hat diese Mistkrankheit erwischt. Na, genetisch bedingt oder was auch immer. Kann man einfach nicht ändern.« Er machte eine kurze Pause. Seine Zähne fuhren über seine Unterlippe.

»Auf jeden Fall machte ich hier Halt, als ich vor drei Jahren in das Haus meiner verstorbenen Großmutter gezogen bin. Nostalgie wahrscheinlich. Plötzlich war aus dem gutbürgerlichen deutschen Lokal ein italienisches Restaurant geworden. Vieles war umgebaut und erneuert worden, aber da ...« Er zeigte auf die kurze Wand im hinteren Teil des Restaurants, wo es zu den Gästetoiletten ging. »... da, wo Ihr alte Fotos von hier hängen habt. Fotos von Anfang der Fünfziger bis jetzt. Da hängt ein Foto mit der alten Belegschaft drauf. Erinnerst Du Dich? Wurde hier auf der Terrasse aufgenommen. Da ist jemand abgebildet, an den ich mich noch gut erinnere. Ein alter Kellner. Viel älter, als ich es heute bin. Aber jemand, der mich durchschaut hatte oder, besser gesagt, der mich als das erkannt hatte, was ich war.«

Ich warf einen Blick durch das Terrassenfenster, aber ich konnte besagtes Foto nicht erkennen.

»Erkannt? Als was?« Ein wenig dümmlich rutschte mir diese Frage heraus.

»Der alte Kellner wusste oder ahnte, dass ich schwul war. Warum auch immer. Das berühmte Radar oder vielleicht, weil ich etwas exaltierter oder effeminierter war als der Rest hier Anfang der Achziger. Man glaubte, sich gegenseitig zu erkennen. Stimmte auch häufig. Und er hatte mich erkannt. Ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Aber im Nachhinein glaubt man, an bestimmten Blicken oder Gesten Dinge festmachen zu können. Wenn ich mir einen Nachtisch bestellte, dann bekam ich fast immer einen Bananasplit mit extra viel bunten Streuseln. Viel mehr als ich an anderen Tischen sah. Übrigens schade, dass Deine Mutter diesen Eisbecher nicht im Angebot hat, aber wahrscheinlich ist er ebenso aus der Zeit gefallen wie ich.«

 

Ein kehliges Lachen gefolgt von einem leichten Hustenanfall schloss diese Feststellung ab.

»Bananasplit? Ehrlich, Leon, das kenne ich gar nicht.«

»Das macht ja nichts, Junge. Äh, ich meine, Elco. Alles ist im Wandel. Auch hier.«

Ich zündete mir jetzt ebenfalls eine zweite Zigarette an, hielt Leon die Schachtel hin, aber lehnte kopfschüttelnd ab.

»Dreimal war ich hier bei Euch essen und irgendwann sprach mich Deine Mutter an, warum ich mit jedes Mal so aufmerksam die Fotografien ansah. Ein wenig erzählte ich Ihr. Natürlich nicht meine Mutmaßungen über den alten Kellner, aber als ich fragte, ob sie denn noch eine Aushilfe bräuchte, bot sie mir augenblicklich diesen Job an. Und als nach dem ersten Lockdown niemand vom alten Personal da war, musste sie gezwungenermaßen mit mir als einzigen festen Angestellten vorliebnehmen.«

»Ja, ich erinnere mich. Sie war echt froh, dass sie jemanden hatte, der nicht nur mal gelegentlich aushelfen konnte, sondern auch eine gewisse Integrität und Seriosität besaß.«

Wieder lachte und hustete Leon.

»Seriosität! Charmante Synonym für Reife und Alter, oder? Nein, antworte jetzt nicht. Ist in Ordnung. Nur hätte ich nie gedacht, dass dieses Wort mal auf meine Person angewandt und zutreffen würde. Aber Du wolltest wissen, warum ich Dir das alles anvertraue.«

Jetzt wollte er doch nicht länger stehen, zog einen der Terrassenstühle, die an die Tische gelehnt waren, damit eventueller Regen gleich ablief, hervor und ließ sich langsam darauf nieder.

»Ich habe Dich beobachtet, Elco. Immer wenn Du mal hier vorbeischautest. Und auch ich glaubte, Dich erkannt zu haben. Mein schwules Radar schlug an. Dann erzählte mir Deine Mutter stolz von der Schülerzeitung. Ich stellte fest, dass Du auf meinem alten Gymnasium warst. Ich las die Artikel der Zeitung, die Deine Mutter hinter dem Tresen aufbewahrte. Las Deine Abschlussrede bei der Abiturfeier. Dein Engagement in der LGBTQ-Szene. Da hatte ich die Bestätigung meiner Vermutung. Und dann kamst Du mit Deinem Freund händchenhaltend ins Lokal. Wie heißt er noch? So ein hübscher großer Blonder.«

»Lucas. Und er ist nicht mehr ... Also, wir sind getrennt. Ein Ex-Freund eben.«

»Oh, schade. Wann ist das denn ...? Tschuldigung, Elco! Geht mich gar nichts an. Ihr zwei seid allerdings ein ziemlich attraktives Paar gewesen. Nun ja, auf jeden Fall kamst Du ja immer seltener, weil Du irgendwo in Schleswig-Holstein studierst. Kiel, oder?«

»Nein, Lübeck. Aber egal. Und weil ich ebenfalls schwul bin, dachtest Du, ich wäre ...«

Er winkte ab.

»Nein, nicht nur deshalb, sondern weil Du ein Talent zum Schreiben hast. Du hast ja meine stümperhaften Tagebucheinträge gelesen. Es sind ja eher Stichworte. Keine Geschichte. Nichts Rundes oder Abgeschlossenes. Und dann sah ich eines Tages Deinen offenen Computerbildschirm. Weißt Du noch? Du hast hier am Fenster gesessen und diese Seite Mannfuermann gelesen. Ich kannte die nicht, aber zuhause habe ich neugierig nachgeschaut. Schwule Storys und so kam ich auf die Idee.«

»Und Du bist Dir sicher, dass es hier veröffentlicht werden soll? Die Leser dort werden es für eine der üblichen Wichsgeschichten halten. Vielleicht auch gar nicht begreifen, warum Du ...« Ich brach den Satz ab. Irgendwie war es mir peinlich, Leon nach seinem Verhalten damals zu fragen.

»Warum ich so lang mitgespielt habe? Mir ist klar, Elco, dass es für jemanden in Deinem Alter, aus Deiner Generation schwer nachvollziehbar ist. Vieles war auch für mich nicht nachzuvollziehen. Warum habe ich so lang die Rolle der Kleinstadt-Schwuchtel gespielt? Es war nicht so lang, Elco. Ganz und gar nicht. Es waren nur wenige Wochen im Sommer 1982. Nur ein paar Wochen! Intensive Wochen, das gebe ich zu. Gehen wir rein? Mir wird es doch etwas zu kühl.«

Etwas mühsam stand Leon auf und schlich langsam ins Restaurant zurück. Ich schaute ihm nach. Er war schlank, fast dürr zu nennen. Aber sein Hintern war immer noch hübsch anzuschauen. In der schwarzen Kellnerhose malten sich perfekte Rundungen ab. Ein Objekt der Begierde? Vielleicht heute nicht mehr so ganz, aber früher garantiert. Ja, das dürfte für Männer und Frauen ein echter Hingucker gewesen sein. Sogar meine Mutter hatte ich dabei beobachtet, wie sie Leons Po ein paar Sekunden zu lang ansah, als dass es einem nicht aufgefallen wäre.

 

Was war bloß vorgefallen, nachdem Leon mit Nico und Felix geschlafen hatte? Warum rissen seine Tagebuchaufzeichnungen abrupt ab? Dass er noch immer Tagebuch führte, hatte ich nämlich gesehen. Nach Feierabend bei einem Glas Wein oder Bier sass er immer am selben Tisch, nur je nach Jahreszeit mal draußen oder drinnen. Und immer mit einem kleinen DIN A5 - Notizheftchen des gleichen Herstellers.

Endlich war meine Zigarette aufgeraucht. Ich ging Leon nach. Er stand vor der Wand mit den alten Fotografien. Als er mich bemerkte, zeigte er auf einen alten Mann im Smoking.

»Hier, er war es. Dieser alte Kellner hatte mich durchschaut.«

Ich lachte. »Ja, so wie dieser Kellner mich durchschaut hatte.«

Leon grinste breit. »Na, wenn ich es mal so ausdrücken darf. Schwer zu durchschauen war es bei Dir auf gar keinen Fall, Elco. Sei mir nicht böse. Und es ist ja auch richtig so. Nein, um ehrlich zu sein, ich war neidisch. Neidisch auf die Youngsters, die so anders, so selbstverständlich mit Homosexualität umgehen. Etwas neidisch, dass mir das nicht von Anfang an vergönnt war.«

Leon schlich zu dem Tisch zurück, an dem wir vorher gesessen hatten.

»Warum gibt es keine Tagebucheinträge nach dem Dreier mit Nico und Felix? Wenn ich das so offen fragen darf.«

»Klar darfst Du. Ich habe bestimmt für mehr als fünf Jahre kein Tagebuch mehr geführt. Vielleicht, weil ich nicht glaubte, dass mein komisches kleines Leben und Verhalten es wert wäre, sich Notizen dazu zu machen. Vielleicht auch, weil ich plötzlich mehr erlebte und keine Zeit fand für ..., ja, wahrscheinlich war ich einfach zu faul dazu.«

»Aber vorher schon. Und später auch, Leon. Ich habe Dich oft nach Feierabend gesehen.«

»Ja, ich hab es dann irgendwann wieder aufgenommen. Es hilft mir. Mich zu erinnern, mich zu beruhigen. Beim Trauern. Beim Glücklichsein. Ja, es hilft!«

»Also, nach dem Dreier? Was passierte da?«

Leon ließ sich auf dem Stuhl nach hinten sinken, verschränkte wie zum Schutz die Arme vor der Brust, kaute wieder etwas auf der Unterlippe herum, bevor er weiter erzählte.

Er sei nach Hause gegangen. Nach Hause mit dem Satz im Kopf: »Ich werde dich wieder ficken, kleine Schlampe. Wir werden bumsen von jetzt bis in alle Ewigkeit.«

Es sei nicht die Drohung mit dem Bumsen gewesen, sondern nur das in alle Ewigkeit. Und dass er aus der Kleinstadtfalle nie wieder entfliehen könnte, wenn nicht jetzt, sofort, augenblicklich. Am gleichen Tag sprach Leon mit seiner Mutter. Übrigens in diesem Lokal. Er könnte nicht hierbleiben, er würde sich körperlich bedroht fühlen von älteren und stärkeren Mitschülern. Nein, er wolle niemanden denunzieren. Er wolle einfach nur weg. Ob sie sehr unglücklich wäre, wenn er für sein letztes Schuljahr zu seinem Vater ziehen würde.

Seine Mutter sei völlig überfordert und überrascht gewesen. Ob sie sich Vorwürfe machen müsse, dass sie ihn im Stich gelassen hätte, nicht aufmerksam genug gewesen sei? Dass sie eben Vollzeit arbeiten müsse, weil sonst nicht genug Geld reinkäme. Alles die völlig verständlichen mütterlichen Fragen. Und so weiter. Noch am selben Abend fuhr seine Mutter ihn zunächst zur Großmutter, die sie vorher vom Restaurant aus telefonisch informierte. Seine Oma lehnte es energisch ab, dass er zu seinem Vater ziehen wolle. Sie würde eine Lösung finden. Dazu bräuchte sie nur ein paar Tage.

»Hat Deine Großmutter ..., ich meine, wusste sie, dass Du ...«

»Oma war die Erste. Also, nach dem alten Kellner. Aber ja, sie hatte es gespürt. Sie musste es spätestens gewusst haben, als Olaf bei ihr aufschlug und übernachtete. Oma war anders. Hatte ich ja bereits gesagt. Nicht, dass sie mich ausgefragt hätte. Nichts musste ich ihr gegenüber rechtfertigen. Für sie war klar, ich würde hier nicht glücklich werden. Also schickte sie mich nach Berlin, also, damals noch West-Berlin. Sie sagte: Pass auf, Leon, Du kannst bei der Familie meiner Cousine unterkommen. Die haben ein großes Haus. Da kriegst Du ein Zimmer. Du machst Dein Abitur und bleibst schön brav in Berlin. Dann musst Du auch nicht zum Bund, mein Junge. Studieren kannst Du da wunderbar. Mama und ich werden Dich regelmäßig besuchen. Und Du wirst aufgeschlossenere Menschen und deinesgleichen dort treffen, sie und Dich besser kennenlernen.«

 

»Wow! Sehr cool. So eine Großmutter gibt es aber nicht so häufig, oder?«

»Ach, Elco. Ich glaube, offene, mit wachen Augen durch die Welt laufende Menschen haben, wenn sie alt werden, einen anderen Blick auf die Wichtigkeiten im Leben. Die Dinge erhalten eine andere Gewichtung. Kann ich von mir auch sagen.«

Ich schüttelte den Kopf. »Ja, aber Leon, nur das Du doch noch gar nicht alt bist. Du ...«

Leons Hand strich mir über die Wange und hieß mich schweigen.

»Glaub mir, Elco, es ist gut so. Und danke für den Versuch eines Kompliments. Aber ich fühle mich älter als meine Papiere es vielleicht belegen. Das macht nichts. Ich bin zufrieden.«

Ich kniff die Lippen zusammen. Meine Mutter hatte schon vor Wochen mit mir darüber gesprochen, dass es Herrn Wagner alias Leon gesundheitlich wohl nicht so ganz gut gehen würde. Sie mache sich Sorgen, aber aus ihm wäre eigentlich kein Wort herauszubekommen.

»Warum ich mit Felix, mit Nico und den anderen geschlafen habe? Das möchtest Du gerne wissen, Elco? Wahrscheinlich erhoffst Du Dir jetzt eine tiefgründige Erklärung. Eine Art Selbstreflexion. Damit kann ich leider nicht wirklich aufwarten. Es ist, glaube ich, einfacher, banaler. Ich war jung und geil. Sie waren jung und geil. Felix schien mein bester Freund zu sein und ja, ich war ...« Er stockte kurz. »Ich war in ihn verliebt. Also eben so, wie man in der Pubertät glaubt, verliebt sein zu können. Und je heimlicher man mit seinen Gefühlen umgehen muss, oder zumindest glaubt, damit heimlich umgehen zu müssen, desto stärker wird der Drang, die Neugier dieses Terrains von Grund auf kennenzulernen. Ich hätte alles getan und ich habe, wie Du gelesen und gehört hast, alles getan. Felix war mein Wunschpartner gewesen. Dann trat Nico in mein Leben in diesem Sommer und ich dachte, hey, er wäre ein guter Ersatz. Nein, Elco, unterbrich mich bitte nicht. Er war natürlich nicht nur Ersatz. Ich mochte den Kerl auch irgendwie. Ich mochte es von ihm dominiert zu werden. Klar, ich schämte mich gleichzeitig dieser Gefühle. Weil, ach, Elco, es gab zu dem Zeitpunkt keine Filme, keine Bücher, die mir bei meinen Entwicklungsschritten hätten helfen können. Oder sagen wir so: Ich zumindest kannte keine.«

Leon riss sich von der Wand mit den Fotografien los und schlenderte zurück zu unserem Tisch. Er nahm noch einen Schluck vom Rotwein, den er abends nach der Arbeit immer trank.

»Es hat etwas gedauert, bis ich begriffen hatte, dass ich als Passiver eigentlich wahnsinnig viel Macht hatte. Dass ich das Ruder in der Hand hielt. Für Dich, Elco, mag das heute völlig selbstverständlich sein. Aber ich bin geprägt worden in einer Zeit und von einer Generation, wo die Frau den Mann noch um Erlaubnis bitten musste, arbeiten gehen zu dürfen. Absurd, nicht wahr? Und die sexuelle Revolution war auch gerade mal ein gutes Jahrzehnt alt. Das hatte sich bis in unsere Kleinstadt hier noch nicht wirklich durchgesetzt. Meine Mutter war den meisten Nachbarn suspekt, da sie sich scheiden ließ und allein für unser Einkommen arbeitete. Und natürlich nimmst Du diese Schranken im Kopf als Kind, als Teenager mit. Was das für Schwule zu der Zeit bedeutete, ist wahrscheinlich schwer vorstellbar. Gut, das ich auf Männer stand, wusste ich, als ich acht oder zehn war. Das ich mich gerne von Männern nehmen ließ, sie gerne sexuell bediente, wusste ich, als ich das erste Mal mit Nico Sex hatte.«

Leon hatte wieder Platz genommen, lehnte sich mit leicht geschlossenen Augen zurück und atmete tief aus. Ich blieb an der hinteren Wand stehen, weil ich ihn nicht zu unterbrechen wagte. Nach gefühlt zwei Minuten fuhr Leon fort.

»Aber es zu wissen und es für sich mal eben zu akzeptieren, sind zwei Paar Stiefel, Elco. Vielleicht auch heute noch. Keine Ahnung, wie es für Dich gelaufen ist und bitte, Du bist in keinerlei Hinsicht verpflichtet, mir über Dein Comingout zu berichten.«

Erneut trat eine Pause ein. Ich betrachtete Leon, der das leere Weinglas anstierte, als könnte er es mit purer Gedankenkraft wieder füllen. Ich huschte hinter den Tresen, holte die angebrochene Flasche Rotwein hervor und schenkte Leon und mir ein weiteres Glas ein.

 

»Danke, Elco, ich sollte wahrscheinlich nicht so viel mehr trinken, wenn ich noch fahren muss.«

»Keine Sorge, ich kann Dich fahren. Ich hatte bis eben nur Wasser und ich habe gut gegessen.«

Leon lächelte müde, dann trank er einen Schluck.

»Du musst mich nicht fahren, Elco. Ich kann ... telefonieren und werde dann abgeholt. Meinst Du, Deine Mutter wäre sehr böse, wenn wir hier drin rauchen? Wir könnten die Terrassentür und die Eingangstür öffnen und lüften, oder?«

Ich zuckte mit den Achseln.

»Glaube nicht, dass es sich hier wirklich verfängt. Auf drei, vier Zigaretten kommt es wohl nicht an.«

Ich stand auf, holte schnell einen Aschenbecher, entriegelte und öffnete die Terrassentür und Eingangstür. Ein sanfter warmer Windzug wehte durchs Restaurant. Die neueingedeckten Tischdecken flatterten leicht in der Zugluft.

»Wie war denn Berlin so zu dieser Zeit?«

Leon nahm aus seinem silbernen Etui eine Zigarette und zündete sie an.

»Ich bin überfragt, Elco. Keine Ahnung, was Du genau wissen möchtest, aber Berlin war zumindest für mich wie eine Wundertüte. Die Verwandten meiner Oma nahmen mich auf. Ich hatte mein eigenes kleines Zimmer dort. Das Gymnasium wollte mich erst nicht zulassen, da die Anmeldefrist weit überschritten war, aber der Mann von Omas Cousine hatte einen gewissen Einfluss und überzeugte den Direktor. Anfangs dachte ich, ich würde mich dort niemals heimisch fühlen, aber ich war innerhalb weniger Wochen angepasst und hatte einen kleinen Freundeskreis gefunden.«

»Ah, war es leichter, da schwul zu sein; ich meine, konnte man offen damit umgehen?«

Leon schüttelte lächelnd den Kopf.

»Es war großstädtisch, ja, aber das bedeutete nicht, das es augenblicklich einfacher war. Und ganz ehrlich, Elco, zu dem Zeitpunkt wollte ich mich nicht gleich wieder in ein neues, nennen wir es mal, Abenteuer stürzen. Klar, es war die Ära der Alternativen auf der einen Seite und der Popper auf der anderen. Hast Du von den Poppern gehört? Die mit der berühmten Poppertolle als Frisur? Mit Karottenjeans und Collegeslippern mit den Bömmelchen daran und wehe Dir, wenn Du nicht Poloshirts mit dem kleinen Krokodil drauf anhattest. Oder wenigsten Burlingtonsocken und Benetton.«

Ich musste lachen.

»Ernsthaft jetzt? Klingt nach einem Markenfetischismus, wie es ihn heute auch gibt.«

»Ja, so war es auch. Vielleicht war es sogar der erste richtige Markenwahn. Man benutzte Parfums von Lagerfeld oder Kouros, den Duft der Götter, wie er genannt wurde. Hörte Gruppen wie Spandau Ballett, Roxy Music und wer nicht mitmachte, war entweder ein Mods, Punk oder Prolo. Meistens Prolo. So wie ich anfangs. Klar, Mutter konnte mich so schnell nicht neu einkleiden. Aber es war ja auch nur ein Jahr noch. Dann hatte ich mein Abi. In dem Jahr passierte wenig Sexuelles. Ich musste lernen, wollte keinen Sex. Hatte davon gründlich die Nase voll. Aber danach, auf der Uni, da sah es anders aus.«

»Da konntest Du Dich dann austoben?«

Er drückte die Zigarette aus und fingerte augenblicklich nach der Nächsten im Etui.

»Es war alles etwas einfacher. Weil es mehr von uns gab. Obwohl einem die Poppermode es nicht gerade leicht machte. Alle wirkten leicht effiminiert, wenn Du verstehst. So wie Thomas Anders von Modern Talking. Jeder hätte gedacht, der ist schwul. War er aber wohl nicht. Insofern täuschte man sich auch oft bei anderen.«

»Aber es gab doch reichlich schwule Bars und Clubs in Berlin, da muss doch was gelaufen sein.«

»Klar, da ist auch jede Menge gelaufen. Schließlich musste ich ziemlich lange in Berlin bleiben, ansonsten wäre ich ja noch eingezogen worden. In den ganzen nächsten zwölf Jahren, naja, bis zur Wende eben, habe ich niemanden in Westdeutschland besucht. Mutter und zweimal auch mein Vater sind zu mir gekommen, wenn sie mich sehen wollten. Ich hatte mir mittlerweile ein sehr großes Zimmer in einer WG besorgt. Außerdem: Damals studierte man gerne sehr lang. Einige meiner Kommilitonen kamen auf fünfundzwanzig, ja, dreißig Semester und ein paar haben niemals einen Abschluss gemacht. Ich habe ebenfalls die verschiedensten Studiengänge durchlaufen. Germanistik, Geschichte, Architektur, Pädagogik, Philosophie. Ich musste die Zeit rumbringen. Und ich jobbte ganz viel. Berlin war zwar verhältnismäßig preisgünstig. Aber trotzdem teurer als es hier auf dem Land war. Ich arbeitete als Schallplattenverkäufer, in einem der ersten Callcenter machte ich telefonische Meinungsumfragen und ich kellnerte, kellnerte und machte ganz oft die Tresenschlampe.«

 

»Daher kannst du das also so gut, Leon.« Ich machte mir Notizen. Er war jetzt richtig wieder in Plauderstimmung. »Hattest Du eigentlich jemals wieder Kontakt zu einem der Jungs von früher? Ich meine, als Du verschwunden bist, sind Nico, Olaf oder Felix nicht neugierig gewesen, wo Du abgeblieben bist?«

»Oh ja, das waren sie wohl. Felix hat versucht, meine Mutter auszufragen, hat seinen Vater, den Direktor eingespannt, da meine Schulunterlagen ja nach Berlin geschickt werden mussten. Olaf schlug sogar ein weiteres Mal bei meiner Oma auf, die ihm einen Bären aufband, ich sei für ein Jahr zu Verwandten nach Amerika gegangen. Aber meine Adresse in Berlin haben sie wohl nie herausgefunden. Oder es war ihnen vielleicht auch egal.«

Ich schaute von meinem Collegeblock auf und sah Leon durch den erneuten Zigarettennebel in die halbgeschlossenen, etwas geröteten, trüben Augen.

»Und das war’s dann? Ehrlich jetzt? Du hast nie wieder was von den Burschen gehört?«

Leon stand auf, ging durch die Terrassentür ins Freie und lehnte sich am Rahmen an. Sein Blick wanderte wieder über den kleinen See, als würden sich die Schatten der Vergangenheit am anderen Ufer zu den Jugendlichen materialisieren, die sie einst waren.

»Doch, Elco. Natürlich erfuhr ich was. Schließlich arbeitete und wohnte meine Mutter ja weiterhin hier. Max hat tatsächlich noch im selben Jahr geheiratet. Hatte seine Freundin geschwängert. Meine Mutter schrieb mir auf meine Nachfrage, dass er eine kleine Tochter bekommen hätte. Allerdings ließen sie sich wohl ein paar Jahre später scheiden und so viel ich weiß, lebt Max heute irgendwo in Bayern.«

Sein Handy vibrierte. Leon warf einen kurzen Blick auf die ankommende Nachricht und schrieb ein paar Worte zurück.

»Alles gut, Leon?«

Er blickte auf und nickte mir nur zu.

»Weißt Du, Elco, wenn Du ein gewisses Alter erreicht hast, stellt man erstaunt fest, dass Altwerden nicht jedem vergönnt ist.«

Ich war irritiert, traute mich nicht nachzufragen, was oder wen er damit meinte.

»Olaf zum Beispiel. Er ist schon mehr als zehn Jahre tot. Habe ich ...« Er stockte kurz. »... auch nur durch Zufall rausgefunden. Ein Autounfall. Hat Frau und drei Kinder zurückgelassen.«

»Oh, das ... tut mir leid.«

Leon nickte.

»Ja, mir auch. Für die Familie. Olaf habe ich nie wieder gesehen.«

»Aber die anderen Jungs? Was ist zum Beispiel mit Felix?«

Leon sah mir länger in die Augen. Offensichtlich überlegte er, inwieweit er Details aus der Gegenwart preisgeben dürfte.

»Felix habe ich erst, nachdem ich ins Haus meiner Großmutter gezogen bin, wiedergesehen. Und das auch nicht mit Absicht. Es war ein Zufall. Wie ich dann rausgefunden habe, ist er hier in der Umgebung geblieben. Bin mir ziemlich sicher, dass Du ihn kennst. Zumindest vom Sehen her. Du kennst die Getränkemärkte Goeben? Das ist Felix. Er ist das zweite Mal verheiratet. Und seine zweite Frau ist die Erbin des Unternehmens. Er ist der Geschäftsführer. Was er vorher gemacht hat, weiß ich nicht. Hat mich auch nicht wirklich interessiert. Aber aus seiner Karriere als Schwimmer ist wohl nie etwas geworden.«

»Du hast ihn aber persönlich getroffen, Leon? Habt Ihr miteinander gesprochen?«

»Ich habe ihn sofort erkannt. Wirklich! Auf den ersten Blick. Obwohl er sich ziemlich verändert hatte. Üppiger Wohlstandsbauch und kaum noch Haare auf dem Kopf. Aber wenn Du jemanden mal geliebt hast oder glaubtest, ihn zu lieben, dann ...! Na, egal! Jedenfalls hat er mich nicht erkannt. Vielleicht tat er auch nur so als ob. Wer weiß. Und ich habe ihn nicht auf unsere Zeit damals angesprochen.«

»Aber immerhin weißt Du doch einiges über ihn! Woher ...«

»Wirst Du wahrscheinlich bald selber herausfinden, Elco. Warte noch ein bisschen.«

Ich hob beide Hände. Klar, ich wollte Leon nicht drängen.

»Und was war mit Nico?«

»Oh, Nico. Ja, das ist eine ganz andere Geschichte.« Er knöpfte sich seinen oberen Hemdkragen auf, als ob ihm plötzlich warm geworden wäre.

»Nico. Weißt Du, Nico hat ebenfalls unser Kleinstadtleben hier hinter sich gelassen.« Er stockte kurz. Dann schaute er mir wieder für ein paar Sekunden tief in die Augen.

 

»In Berlin habe ich neben dem Studium viel gekellnert. Auch und besonders in schwulen Lokalen und Clubs. War auch privat ziemlich viel in der Szene unterwegs. Ehrlich gesagt, habe ich damals nichts anbrennen lassen. Ich habe ganz schön viel ... na ja, ich habe in der Zeit mich sexuell ordentlich ausgetobt. Eines Abends, ich hatte mir gerade die Haare wasserstoffoxidblond gefärbt, trug nur exisistentialisten-schwarze Klamotten stand plötzlich ein Mann neben mir am Tresen, der mich nicht erkannte. Wohl aber ich ihn. Nico. Er sah fast noch aus wie früher. Sein athletischer Körperbau betont durch extrem enge Röhrenjeans und einem einfachen Trägerhemdchen, das seinen Bizeps und seine Brustmuskeln hervorhob. Die nächste Stunde habe ich damit verbracht ihm zuzuschauen. Beim Trinken, beim Tanzen, beim Flirten. Ich konnte es kaum glauben, aber der Macker von einst, der Macho, er war ..., ja, wie ausgewechselt. Er bewegte sich völlig anders. Plötzlich war er es, der mit dem Hintern wackelte, der sich an anderen gut trainierten Männerkörpern rieb, den Kerlen aufreizende Blicke zuwarf. Mir blieb fast die Spucke weg, als er mit mehreren Typen Zungenküsse austauschte auf offener Tanzfläche. Ganz offensichtlich hatte Nico hier in Berlin zu seinem wahren Ich gefunden. Im Endeffekt genauso wie ich.«

Leon blickt auf sein Handy. Eine neue SMS war eingetroffen.

»Alles gut, Leon«, fragte ich. Er nickte knapp. »Ja, ich ... also, wir werden in ner halben Stunde abgeholt. Wir dürfen also gerne noch ein Gläschen mehr trinken. Natürlich nur, wenn Du magst, Elco.«

Er schenkte mir und sich nach einem kurzen Verständigungsblick noch einmal ein. Schnappte sich sein Etui und schob mich sanft auf die Terrasse. Wieder zündete er sich eine Zigarette an. Obwohl ich gar nicht wirklich wollte, war die Spannung in mir gerade dermaßen angewachsen, dass ich mir aus Solidarität auch eine Kippe nahm. Schweigend standen wir nebeneinander, bliesen den blauen Dunst in den lauen Nachthimmel und warteten, wer die Stille beenden würde.

»Ich war überrascht, erschrocken, enttäuscht und gleichzeitig zufrieden und glücklich, diesen veränderten Nico beobachten zu können. Zumal er eine Zeitlang regelmäßig in diesem Club aufschlug.«

»Und er hat Dich echt nicht erkannt, Leon? Ich meine, warst Du so dermaßen verändert? Kann ich mir gar nicht vorstellen.«

»Ach Elco, mein Junge. Warum sollte er mich in Berlin vermuten? Es waren fast sieben Jahre, die wir uns nicht mehr gesehen hatten.«

»Ja, aber Du hast ihn sofort erkannt, oder?«

»Richtig. Aber in unserer Schulzeit hat er vielleicht wirklich nur meinen Hintern und meinen Mund beachtet.«

Ich schüttelte den Kopf.

»Und den hat er in Berlin nicht sofort wiedererkannt?«

Leon lächelte verschmitzt.

»Nein, offensichtlich nicht. In dem Club ließ er nämlich eher seinen Hintern auf die anderen wirken.«

»Was, der Nico ...«

»Ja, genau. Der Nico. Ich war auch erstaunt. Aber er genoss es in hohem Maße, dass die Anderen seinem Arsch hinterher starrten. Na ja, so ganz erstaunlich war es dann doch nicht. Schließlich war er es, der es sehr genossen hatte, dass ich mit Mund und Zunge seinen Po bearbeitet hatte.«

»Ist ja verrückt, Leon. Aber auch schade, ich hätte gedacht, da wäre vielleicht ...«

»Wer sagt denn, dass da nichts mehr gelaufen wäre, Elco? Nur anders als Du vielleicht annimmst.«

»Wie meinst Du das?«

Wieder starrte Leon übers Ufer und den kleinen See hinweg in den nachtschwarzen Wald auf der anderen Seite.

»Wie gut kennst Du Dich in der schwulen Szene aus, Elco? Ich meine, warst Du in schwulen Clubs, Kneipen oder so? In schwulen Pornokinos?«

»Äh ...«, stotterte ich irritiert. »Ja, schon. Was genau meinst Du denn damit, Leon?«

»Waren in den Clubs, in denen Du warst noch Darkrooms?«

Ich starrte ihn an, sah seinen flüchtigen Blick mit der leicht hochgezogenen Augenbraue auf mir liegen.

»Nein, Leon. Die kenne ich nur aus Erzählungen. Das war, glaube ich, alles vor meiner aktiven Zeit.«

»Nein, Elco. Es gibt sie schon noch. Nur sehr viel seltener. Sie waren ein damals ein wichtiger Bestandteil in der Community. In dem Club, in dem ich Nico öfters sah, gab es auf jeden Fall einen solchen Darkroom.«

 

»Okay, und da ist ...?«

»Da ist ordentlich was abgegangen. Im wahrsten Sinne des Wortes, Elco. Aber um auf Nico zurückzukommen. Er war der König des Darkrooms in diesem Club. Wenn er nicht tanzte oder trank, war er regelmäßig verschwunden.«

»Und? Bist Du auch ..., ich meine, bist Du ihm mal gefolgt? Hast Du mit ihm ...?«

»Ja, Elco. Ja, ich bin ihm gefolgt. Mehrfach. War aber nicht so einfach, ihn auszumachen. Schließlich war es wirklich stockdunkel dadrin und es waren bestimmt fünfzig bis achtzig Männer, die sich dort austobten.«

»Und, Leon? Habt Ihr etwa da ...?«

Er nickte und nahm einen langen tiefen Zug von seiner Gauloises.

»Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, Nico ein letztes Mal in mir zu spüren. Noch einmal seinen schönen Schwanz zu genießen. Wahrscheinlich aus reinster Nostalgie. Ein letztes Mal mit meinem ersten Mal.«

Wieder schwieg er für eine halbe Minute.

»Eines Abends, er hatte ordentlich getankt, schlich sich Nico wieder mal in den Darkroom. Direkt an mir vorbei, ohne mich auch nur anzusehen. Sein Parfum hatte ich mir an den anderen Abenden gemerkt. Vielleicht auch nur die Mischung zwischen Duft und seinem Schweiß. Keine Ahnung. Ich folgte ihm augenblicklich. Beinahe hätte ich mich an seinem offenen flatternden Hemd festgehalten, um ihn nicht zu verlieren. Man stand an den Wänden oder an einer der drei Säulen mitten im Raum, die man nur schwach wahrnehmen konnte, wenn die Tür sich öffnete und durch den Samtvorhang trat, bevor die Tür wieder ins Schloss fiel. An einer der Säulen stützte sich Nico. Ich roch ihn, sah kurz schemenhaft das offene Hemd und ich lehnte mich ebenfalls an die Säule, berührte wie zufällig seine Hand. Augenblicklich lagen seine Hände auf mir, tasteten meinen Oberkörper bis zum Schritt ab, bis er sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen mich presste. Kein Wort sprach er, aber ein mir wohlbekanntes, leises, wohliges, sinnliches Brummen drang an mein Ohr. Mit geschickten Fingern nestelte er an meinem Gürtel, zog den Reißverschluss nach unten und griff in meine Hose. Erneutes Grunzen war die Folge, als er meinen Harten in der Faust knetete. Dann überraschte mich Nico vollständig, indem er an mir nach unten glitt, meinen Schwanz aus der Unterhose befreite und umgehend meine gesamte Länge in seinen Mund verfrachtete. Er blies mich! Nico, der immer von sich als meinen Mann gesprochen hatte, der mich zu seiner willenlosen Kleinstadt-Schwuchtel gemacht hatte, kniete vor mir und lutschte meinen Steifen. Ich war so dermaßen überrascht, Elco. Und es blieb nicht bei dieser einen Überraschung. Nach ein paar Minuten unterbrach er den Blowjob und raunte mir in dem mir so vertrauten Tonfall ein: „Mach mich zu Deiner Schlampe, Du Hengst“ zu. Kannst Du Dir das vorstellen, Elco? Er wollte, dass ich ihn benutzte.«

Ich betrachtete Leon, der plötzlich leicht gerötete Wangen hatte, sofern ich das in der spärlichen Beleuchtung auf der Terrasse erkennen konnte. Seine Stimme hatte eine andere Tonlage angenommen. Eine gewisse Erregung machte sich in ihm dank der Erinnerung breit. Sein Sprechtempo hatte sich fast verdoppelt.

»Er blies mich. Es war verrückt. Kein Wort kam über meine Lippen, aber ich wusste, was ich tun sollte. Ich packte seinen Kopf und schob meinen Schwanz ohne jede Rücksicht tief in seinen Hals. Ich bin jetzt nicht ausgestattet wie ein Pornohengst, aber es reichte um Nico mehrfach zum leichten Würgen zu bringen. Ohne jeden Protest verschlang er meinen Schwanz, ließ die Eichel weit hinten im Rachen von seinem Zäpfchen liebkosen, leckte mir dann die Eier, nahm sie nacheinander behutsam in den Mund, bevor er wieder wie ein Besessener zu blasen begann. Ich dachte, ich wäre in einem Paralleluniversum angekommen. Völlig verrückt, Elco. Glaub mir.«

Ich schwieg. Ich wollte seinen Erzählfluss nicht unterbrechen. Ja, ich wagte es nicht einmal, mich zu räuspern und schon gar nicht irgendwelche Notizen zu machen.

»Dann ging alles sehr schnell. Nico sprang auf, drängte mich von der Säule weg, ließ seine Hose fallen und streckte mir seinen blanken Arsch entgegen. „Fick mich. Fick den Schlampenarsch!“ Befehle bellen, das konnte Nico weiterhin. Das hatte sich nicht verändert. Und ich kam dem willenlos nach. Kurz tastete ich nach seiner Spalte, dann griff seine Hand schon nach meinem Schwanz, er platzierte die Eichel an seinem Loch und, bevor ich auch nur einen einzigen klaren Gedanken fassen konnte, drang ich in ihn ein. Ich glaube, ich war der Stummste unter den ganzen hochsexualisierten Männern an diesem Abend im Darkroom. Keine Ahnung, ob ich überhaupt auch nur einen einzigen Stöhner von mir geben habe. Perplex rammte ich meinen Steifen in gleichmäßigen Stößen in den Mann, der mich vor Jahren zu seiner „Muschi“ gemacht hatte. Mich als sein „Abfickloch“ benutzt hatte. Und er war es jetzt, der gierig-wohlig stöhnte, der nach mehr verlangte, der laut aufrief. „Fick mich härter! Fick die Arschfotze!“ Kannst Du Dir das vorstellen, Elco? Oh, entschuldige meine Ausdrucksweise. Aber Du wolltest ja wahrscheinlich Details wissen und die gibt es nicht ohne eine gewisse obszöne Sprache.«

 

Er hatte seine Hand auf meine Schulter gelegt und tätschelte sie wie zur Entschuldigung.

»Andere Männer kamen in der Dunkelheit des Raumes immer näher, betasteten mich und Nico und ich hörte das schmatzende Geräusch wie mein Schwanz und meine Eier gegen Nicos Arsch klatschten und dann ein weiteres Schmatzen als Nico sich den Steifen von irgendeinem Mann in den Hals schieben ließ. Jemand spuckte aus und raunte rau: „Los, Schlampe, jetzt lutsch auch schön meinen Schwanz!“ Offensichtlich wechselten sich mehrere Typen ab. Einige gaben ihm zur Aufforderung Ohrfeigen. Mehrfach dachte ich, das kann nicht der Nico sein, den ich kannte. Nicht dieses Machoarschloch, in das ich damals so verguckt war. Aber ja doch: Nico blies sie alle. Er hatte die Hände von der Säule gelöst, tapste ziellos umher und jeder Schwanz, der nackt und greifbar war, wurde von ihm gewichst und geblasen. Auch an meinem nackten Arsch fingerten die geilen Typen herum, aber ich schlug die zu aufdringlichen Hände weg, als würde ich im Sommer Mücken vertreiben. In diesem Augenblick wollte ich wohl nur eins: Nico zeigen, dass ich mehr als nur die kleine Schwuchtel aus der Kleinstadt war. Was natürlich absurd war, da er nicht die geringste Ahnung hatte, wer gerade seinen Schwanz in sein Loch trieb. Ganz offensichtlich war es ihm auch egal. Er kam in diesen Club, um Typen aufzureißen, und er bekam die Typen. Nur das Nico jetzt der Passive war. Ich glaube dieser Schock, diese unglaubliche Erkenntnis war der Grund, weswegen ich ihn gefühlt eine halbe Stunde ficken konnte, ohne zu kommen. Erst als ich mir so richtig bewusst machte, dass ich ihn gerade dominierte, mir klar wurde: „Ah, so fühlt es sich von der anderen Seite aus an“, da überwältigte mich tatsächlich die Lust. Ich fickte ihn ohne jede Vorsicht. Gnadenlos zog ich meinen Schwanz ganz aus ihm raus, schlug die Eichel ein paar Mal auf seine blanken Hinterbacken und ohne jede Rücksicht presste ich ihn wieder in sein klaffendes Loch. Manchmal hörte ich neben dem schmatzenden Blasgeräuschen noch ein leises Wimmern, aber das ging unter. In dem wollüstigen Gestöhne der anderen Männer im Raum. Und im Rauschen, das ich in meinen Ohren vernahm. Heute kann ich sagen, ich habe Nico in dieser Nacht so gevögelt wie er mich und die anderen Jungs damals mich. Und ich habe etwas begriffen. Ja, ich war jetzt derjenige, der ihn penetrierte. Aber die Definition aktiv-passiv stimmte und stimmt bis heute nicht. Auch wenn ich ihn dominierte, Nico hatte das Heft in der Hand. Im Endeffekt waren die ganzen Männer, die ihm gierig den Schwanz in den Mund schoben, dominiert von ihm. Genau wie ich. Er war der Aktive. Keine Ahnung, ob ihm das so klar war, aber mir wurde bewusst, dass er, wie ich damals, eigentlich die gesamte Situation kontrollieren konnte. Nur eins lässt einen diesbezüglich in Abhängigkeit stürzen. Das absurde Gefühl der Liebe. Wenn man es aus heutiger Sicht betrachtet, hatte ich damals alles im Griff. Nur nicht meine übersteigerten Erwartungen an die Liebe. Das war das Einzige, was mich wirklich gequält hat. Das berühmte Lindenblatt des Siegfrieds. Die einzige verwundbare Stelle. Meine dummen Erwartungen an Felix. An Nico. Ja, sogar an Olaf.«

Wieder hörte ich sein kehliges, bitteres Lachen. Ich schwieg. Was sollte ich dazu sagen? Ich selbst hatte mit Lucas dieses absurde Gefühl des Verliebtseins kennengelernt. Natürlich nicht auf dieselbe drastische Art und Weise wie Leon, der jetzt ebenfalls in nachdenkliches Schweigen verfallen war. Mir selber nie Gedanken über Aktiv-Passiv in diesem Sinne gemacht. Vielleicht wirklich eine Generationsfrage. Aber jetzt wollte ich doch etwas anderes wissen.

»Hast Du Nico später darauf angesprochen, Leon? Ich meine, als ihr den Darkroom wieder verlassen habt? Mann, ich hätte gerne Nicos erstauntes Gesicht gesehen. Das muss ihn doch erstaunt haben, dass er ...«

Weiter kam ich nicht.

»Nein, Elco. Nichts habe ich ihm gesagt. Und ich denke auch nicht, dass er mich erkannt hat. Und da ich wusste, dass er in diesen Club öfters ging, habe ich ab sofort andere Lokalitäten aufgesucht. Außerdem traf ich bereits kurze Zeit später meinen ersten richtigen Freund und Lebensgefährten. Was gut war. Wir befanden uns in der Hochzeit von Aids. Und einige von uns dachten immer noch, sie wären unsterblich.«

 

Ich schluckte, konnte mir aber die Nachfrage nicht verkneifen.

»Aber Sie, äh, ich meine, Du, Leon, Dir geht es doch ...«

Er hob abwehrend die Hand.

»Alles gut, Elco. Weißt Du, ich war immer ein Schisser, was Krankheiten anging. Ich habe selbst mit meinem damaligen Freund nur mit Kondom gebumst. Nein, von dieser Krankheit bin ich verschont geblieben. Mich hat nur der Familienkrebs eingeholt.« Er stockte für ein paar Sekunden. »Aber ich habe auch Bekannte und Freunde an Aids verloren. Nicht viele, aber genug. Meine letzte Nummer ohne Gummi war tatsächlich die mit Nico.«

»Dann weißt Du gar nicht, was aus ihm geworden ist, Leon? Oder hast Du ihn nochmal später gesehen?«

Er lächelte mich sanft an. Dann schüttelte er den Kopf.

»Gesehen? Ja und nein, Elco. Persönlich habe ich ihn nicht mehr getroffen. Aber jemand anderer.«

Durch die Scheiben des Lokaleingangs leuchteten Autoscheinwerfer vom dazugehörigen Parkplatz auf.

»Ah, unser Chauffeur kommt. Na, ging ja schneller, als ich gedacht hätte.«

Leon schritt auf die Eingangstür zu und öffnete sie. Die Scheinwerfer erloschen. Ich hörte die Fahrertür zuschlagen und aus dem Dunkel trat ein sehr großgewachsener Mann, etwa in Leons Alter, durch den Türrahmen. Er streckte seinen rechten Arm aus und zog Leon dicht an sich heran, bevor er ihn liebevoll auf den Mund küsste.

»Na, bist Du nicht todmüde, mein Schatz? Jetzt solltet Ihr zwei aber mal durchsein mit der ganzen Geschichte.«

Leon strich dem riesenhaften Hünen mit der dunklen kratzigen Stimme sanft über die Wange. Er hatte zu seiner Jeans nur ein weißes kurzärmliges T-Shirt an. Seine kräftigen Unterarme waren mit Sommersprossen und vielen roten Härchen übersät. Es war offensichtlich, dass er früher einmal eine sehr athletische Figur gehabt haben durfte. Jetzt quoll ein kleiner Wohlstandsbauch über den Jeansbund. Eine Brille mit etwas dickeren Gläser saß auf der breiten Nase. Auf seinem Kopf hatte er trotz der nächtlichen Wärme eine schwarze Wollmütze, unter der ergraute, ehemals rote Haare hervorlugten.

»Meinst Du? So schnell, wie Du denkst, geht das nicht leider nicht. Und Elco hat zu recht viele, viele Nachfragen gestellt.«

Ich staunte minimal über die Offenheit mit der Leon und der Fremde sich mir gegenüber verhielten. Jetzt ging dieser mit schnellen Schritten auf mich zu.

»Ah, Du bist also Elco. Leon hat schon ziemlich oft von Dir erzählt. Nicht nur die letzten Tage. Nee, eigentlich seit er hier angefangen hat. Elco hier, Elco da. Hallo, ich bin Sebastian. Sag aber bitte Basti. Sebastian hat mich eigentlich nur meine Mutter genannt.«

Er drückte mir meine Hand und ich dachte, sie würde in einen Schraubstock gepresst. Ich hörte nahezu die Knöchel knacken.

»Sie sind, äh, ich meine, Du bist DER Basti? Der Basti aus der alten Clique?«

»Genau der ist er. Der große rote Teufel mit dem ... , na, Du weißt schon, Elco«, feixte Leon.

Verwirrt wandte sich Basti zu seinem Partner um.

»Wovon redest Du da? Was soll Elco wissen?« Ein Engel durchquerte den Raum, wie man so schön sagt. Dann machte es fast hörbar Klick und eine leichte Röte überzog Sebastians Wangen. »Oh, Du hältst aber auch mit gar nichts zurück, Kleiner, oder?«

»Und Ihr seid jetzt seit so vielen Jahren zusammen?«, fragte ich, bevor Leon antworten konnte.

»Schön wär’s«, seufzte Basti mit einem bedauernden Blick auf Leon. »Nein, ich habe noch viele Jahre gebraucht, bevor ich wusste, wer und was ich bin. Leon war da schon damals viel weiter als ich. Als die meisten von uns.«

Leon lächelte erst kopfschüttelnd seinen Mann, dann mich an.

»Wir sind erst seit gut zwei Jahren zusammen, Elco. Basti war damals der Bauleiter, der das Haus meiner Großmutter umgestaltete, als ich mich entschlossen hatte, es nicht zu verkaufen, sondern selber hierherzuziehen. So haben wir uns wieder getroffen.«

»Ja, damals war ich noch verheiratet. Mit einer Frau. Aber die Kinder waren schon aus dem Haus. Insofern .... Na, und wenn ich ihm nicht in die Arme gelaufen wäre, hätte ich mich vielleicht nie scheiden lassen. Dabei wusste ich eigentlich vom ersten Mal an mit Leon, was ich wirklich wollte. Nämlich ihn und seinen süßen geilen ... «

 

»Halt die Klappe, Roter. Du bringst den Jungen ja in Verlegenheit.«

Basti runzelte die Stirn. »Ach, ich dachte, Du hättest ihm alles erzählt?«

»Hab ich auch, aber trotzdem ist es ein Unterschied, ob er die Tagebuchnotizen liest oder uns beide in natura vor sich hat.«

Ich musste schmunzeln. Die beiden waren einfach ein wunderbares Paar.

»Das heißt, Du bist auch hier in der Stadt geblieben, Basti?«, fragte ich nach.

»Nein, ich habe ebenfalls mein Elternhaus noch hier, aber ich war mit meiner Familie aus beruflichen Gründen nach Frankfurt gezogen. Trotzdem hatte ich häufiger Aufträge in dieser Gegend und wohnte dann immer noch in meinem Elternhaus. War ja auch praktisch und preisgünstig.«

»Hast Du damals Leon sofort wiedererkannt?«

»Ich habe IHN wiedererkannt. Ich hatte ihn sogar bewusst ausgesucht, nachdem ich im Internet nach einer Baufirma gesucht hatte.«, schoß Leon dazwischen.

»Na, na. Jetzt tu nicht so. Ich habe Dich ebenfalls sofort erkannt. Ich wäre ihm fast augenblicklich um den Hals gefallen und an die Wäsche gegangen«, protestierte Basti.

»Ja, ich musste den Roten auf Distanz halten.«, grinste Leon breit. »Im Internet hatte ich seine Fotos mit der gesamten Familie gesehen. Da wollte ich bestimmt nicht dazwischen funken, aber ...«

»... aber ich habe ihm am zweiten Tag gesagt, was ich für ihn empfinde, empfunden habe, da konnte er nicht anders als ...«

»Nochmal: Halt die Klappe. Du bist schlimmer als Rosamunde Pilcher mit Deinem Romantikgesülze, Roter!« Leon presste zur Negierung seiner harten Worte seine Lippen erneut auf Bastis Mund. »So sind sie halt, die Spätentwickler.«

»Wirst Du das auch im Internet veröffentlichen, mein kleiner Exhibitionist?«, fragte Basti dann.

»Das überlasse ich alles Elco. Er wird schon wissen, was er da tut. Sollen wir mal los? Elcos Rad kann doch auf die Ladefläche des Rovers, oder?«

Basti nickte nur kurz und leckte sich dann über die Lippen.

»Dann machen wir mal alles dicht und löschen das Licht«, setzte ich den Schlusspunkt. Als wir fünf Minuten später im Wagen saßen, keimte noch eine Frage in mir hoch.

»Darf ich Dich fragen, ob Du noch Kontakt zu den anderen Jungs der Sommerstar-Clique hast, Basti?«

Im Rückspiegel sah ich, wie er den Kopf schüttelte.

»Nein. Nach Leons überstürztem Verschwinden haben wir uns noch ein, zwei Mal getroffen. Olaf sogar noch mehrfach, aber plötzlich schwang ganz viel Peinlichkeit bei allem mit. Max verschwand ein knappes Jahr nach seiner Heirat. Felix vermied jeden Kontakt. Ihm und ja, auch mir damals war es unmöglich, über die Ereignisse dieses Sommers zu reden. Wenn ich ihm heute begegne, dann wechselt er die Straßenseite, verschwindet in Hauseingängen und so. Er, ja, er lebt weiterhin als heterosexueller Mann. Vielleicht ist er glücklich, vielleicht auch nicht. Seine Scheidungen sprechen für Letzteres, aber was weiß ich. Übrigens hat es nie soetwas wie einen Sommerstar gegeben. Das hatte sich Nico ausgedacht, um Leon damals davon zu überzeugen, dass es so etwas schon öfters gegeben hat. Apropos: Zu Nico hatte ich seit vorigem Jahr wieder sporadischen Kontakt über Facebook.«

»Ah, wo lebt er denn? Immer noch in Berlin?«, fragte ich neugierig.

»Nein, er lebt mit seinem Mann in Oslo. Aber es geht ihm wohl ganz gut. Sie haben geheiratet und sogar seine Blutwerte sind ausgezeichnet.«

»Blutwerte?« Ich war irritiert. Aber Leon verdrehte die Augen, bevor er antwortete.

»Nico ist HIV positiv. Aber anscheinend greifen die Medikamente. Er ist unterhalb der Nachweisgrenze. Er hat bei seinen ganzen Ausflügen in das wilde schwule Nachtleben irgendwann seinen jetzigen Mann kennengelernt. Irgendein norwegischer Aktivist der LGBTQ-Szene. Sind ein ziemlich hübsches Paar, muss ich sagen.«

»Hey, aber nicht so hübsch wie wir zwei.«, maulte Basti auf.

Leon streichelte ihm über den Bauch.

»Na, sein Mann ist immerhin schlank geblieben. Aber wer legt schon Wert auf Äußerlichkeiten. Dafür hat meiner ja andere hervorstechende Attribute.«

Basti schlug ihm grinsend protestierend auf die Finger.

»Lass das, mein Kleiner. Sonst landen wir noch im Straßengraben und das würde uns Deine Mutter wohl sehr übel nehmen, was, Elco?«

Ich zuckte wortlos mit den Schultern. Fast ein wenig neidisch, beobachtete ich die beiden älteren Männer bei ihren Frotzeleien. Schien ein wunderbares spätes Glück zu sein. Als wir bei unserer Wohnung ankamen, half mir, Basti das Fahrrad von der Ladefläche zu heben. Leon blieb auf eine weitere Zigarette rauchend im Wagen sitzen.

»Hat denn die Geschichte bereits einen Titel? Wie wäre es mit: „Leons geiler Gangbang“ oder so?«, fragte mich Basti neugierig.

»Das hättest Du wohl gerne, Roter?«, rief Leon über seine Schulter hinweg. »Nix! Das Ding sollte schon so benannt werden, dass Du und die anderen Klemmschwestern von damals sich tatsächlich wiedererkennen können. Ich habe Elco „Kleinstadt-Schwuchtel“ vorgeschlagen. Finde, das trifft es am ehesten. Und jetzt fahr mich ins heimische Bett und wenn Du sehr lieb bist, Basti, dann ...«

Basti verzog schmollend das Gesicht und zum Beifahrerfenster hin rief er: »Oh nö? Echt jetzt? Kleinstadt-Schwuchtel!?! Leon, komm, das ist doch ...«

»... nur die Wahrheit, mein Roter. Nichts als die Wahrheit.«

 

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