Die Sache mit Felix...
Bareback / Junge Männer / Romantik
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Wir knüpften die losen Fäden unseres zerstörten Verhältnisses wieder auf und wurden Freunde. Fingen bei Null an, so wie Felix es vorgeschlagen hatte. Es fühlte sich ganz schön für mich an einen schwulen platonischen Freund zu haben, mit dem ich über alles reden konnte. Es gab Dinge, die Bernd nicht nachvollziehen konnte. Meine Eltern auch nicht. Felix schon. Er dagegen tauschte sich über sein Liebes- und Sexualleben nicht aus, erwähnte seinen Freund mit keinem Wort und blockte wenn man danach fragte. Ich fragte mich warum und verstand es nicht ganz. Schüchtern war er früher nie gewesen. Während Daniel und ich häufig in der Öffentlichkeit unterwegs waren, uns auch mit den Freunden des jeweils anderen gut verstanden und alles ganz offen war, hatte niemand den Freund von Felix jemals gesehen.

 

Manche hatten gehört, der Kerl sei wohl irgendein hohes Tier im Bankwesen oder in der Politik. Irgendjemand, der sich ein Coming Out nicht leisten könnte. Es gab auch Gerüchte, der Mann sei kriminell. Andere wiederum behaupteten, Felix hätte irgendwelche extremen Fetische und wäre in ganz krassen Kreisen unterwegs. Diejenigen, die das sagten, wollten ihn schon in Latex oder Petplay gesehen haben und behaupteten, dass er sich sogar an Spielen mit Fäkalien aufgeilen würde. Felix ging in keine Schwulenbars. Er hielt die meisten für bösartige Lästerschwestern und wenn ich mir das so anhörte, dann verstand ich auch wieso. Gerade eine Community, die auf die Straße gegangen war, um für mehr Toleranz zu kämpfen, warf sich gegenseitig Klötze zwischen die Beine. Mein Vater hatte einmal zu mir gesagt, was zwei erwachsene Menschen im Bett machten sei deren Sache. Genauso empfand ich es auch.

Felix rauchte jetzt auch Gras. Er kam öfter mit einem Päckchen zu mir und überredete mich, mir mit ihm einen Joint anzuzünden. Anfangs machte ich da noch mit. In Gesellschaft zu rauchen, um Spaß zu haben, war etwas anderes als es allein zu tun weil man seinen Problemen nicht anders entfliehen konnte. Wir kifften also ab und zu gemeinsam, schauten uns dämliche Filme an, lachten viel und aßen Chips und Schokoladenkekse. Eine Zeit lang war es ganz nett, aber es wurde mir schnell zu viel. Ich wollte mir nicht täglich die Birne weich rauchen und ich wollte auch nicht meine Abende nur noch auf diese Weise verbringen. Es stumpfte einen gegen das Leben ab und das Leben war doch so schön.

Daniel und ich fuhren nach Wien und besuchten seine Eltern, die sich freuten uns zu sehen. Sie hatten ihr Gästezimmer für uns hergerichtet. Estha kochte die ganze Zeit. Die ganze jüdische Küche stellte sie für mich auf den Kopf bis ich vor lauter Köstlichkeiten keinen Bissen mehr hinunter bekam. Sie hatte mich sehr lieb und auf diese Weise zeigte sie mir ihre Begeisterung. Ich war noch nie im Leben so verwöhnt worden. Es war wie in einem Luxushotel, aber mit der Wärme eines Familienbetriebes. Isaak rettete Daniel und mich aus den zärtlichen Klauen ihrer überbordenden Fürsorge. Er ging mit uns Fallschirmspringen, zeigte mir seine Passion und lachte weil ich vor Schreck aufschrie als der Fallschirm sich öffnetete und mich in die Höhe schleuderte.

Sobald das Ding zu gleiten begann genoss ich es. Die Höhe, den Ausblick. Daniel war nicht weit von mir entfernt und lachte mich an. Wir streckten die Hände nacheinander aus, winkten uns zu und johlten wie die Verrückten. Es war ein irres Gefühl. Ich hatte Höhenangst gehabt nachdem was mit Leon passiert war, aber die war auf einmal komplett weg. Keine Ängste mehr. Keine Sorgen mehr. Kein Ballast mehr. Nichts mehr. Nur pure Freude. Langsam schwebten wir hunderte Meter über dem Boden. Der Wind war Ende September schon recht kühl, aber auszuhalten. Frei wie ein Vogel kam ich mir vor. Glücklich. Absolut glücklich. Strahlend fiel ich meinem Geliebten um den Hals als wir landeten. Wir umarmten und küssten uns leidenschaftlich auf der Wiese, auf der auch andere gerade landeten. Die Blicke waren neugierig und neutral, die man uns zuwarf. Eine Frau lächelte uns sogar an.

“Wir haben überlebt.” grinste Isaak uns beide an. Ich strahlte zurück. In Höchstlaune lud ich die beiden auf was zu trinken ein. Wir wärmten uns bei einem Kaffee auf. Daniel hatte mich an sich gezogen, den Arm um mich gelegt, und nippte an seiner Tasse. Wir kuschelten ganz offen auf der Eckbank. Isaak bestellte uns zu dritt eine fette Schokoladentorte mit drei Gabeln, die wir uns genüsslich schmecken ließen. Erst der Kick des freien Falls und nun Schokolade. Ich war im siebten Himmel. Daniel küsste mir obendrein noch die klebrigen süßen Reste von den Lippen und meinte, nur Sachertorte sei noch süßer als ich. Gerührt küsste ich ihn zurück. Er würde mir die Sterne und den Mond vom Himmel holen hatte er einmal gesagt. Das tat er bereits. Jeden Tag. Und nicht nur die Sterne und den Mond. Das ganze Universum. Er bedeutete mir alles, nur dafür, dass er überhaupt existierte.

 

Als Kontrastprogramm ging Isaak mit uns in eine Aufführung eines russischen Zirkusses. Keine Tiere. Dafür Akrobaten, die sich wie Brezeln verrenkten. Zierliche Tänzerinnen, die auf dem Eis Kunststücke vollbrachten und atemberaubende Trapezkünstler, deren knackige männliche Körper sich vor unseren Augen in ihrem engen Dress von der Schaukel schwangen. Man konnte im Licht der Scheinwerfer den hinreißenden Hintern und das Muskelspiel sehen. Die Drahtigkeit des Körpers, die pure männliche Kraft und Beweglichkeit. Isaak schaute auf die Frau, Daniel und ich hingen wie gebannt mit den Blicken auf dem Mann. Er hatte ein fleischfarbenes Kostüm an, das im Gegenlicht des Scheinwerfers schon beinahe nackt aussah. Die Form des Hinterns beulte sich aus und sogar zwischen seinen Beinen konnte man aus der Entfernung ganz genau Konturen erkennen.

Sein Anblick machte Daniel und mich total scharf aufeinander. Als die Trapeznummer vorbei war und die Schlangenkünstlerinnen wieder ihr Bestes gaben, entschlossen wir uns, dass wir uns keine jungen Damen mit einem Rückgrat aus Gummi ansehen wollten. Wir huschten leise raus, schmusten uns schon draußen ab, als wollten wir einander auffressen, suchten und fanden die Toilette, schlossen kichernd die Tür hinter uns und dann fassten wir uns gegenseitig an den Schwanz. Wir legten unsere noch weichen Schläuche aneinander, die Hände drumherum und rubbelten. Daniels Mund war auf meinem. Seine Hände an meinem Schaft. Der Pilzkopf rieb sich schleimend an meinem. Ich stöhnte. Vorsaft tropfte auf meine rasierten Klöten und schmierte an Daniels Bauch.

“Bereit, Schatz?” Ich nickte. Keuchend ließ ich mich in die schnelle Auf- und Abwärtsbewegung der wichsenden Hände fallen. Ich krallte mich an Daniels Schulter als ich fühlte wie meine Eier zuckten und meine sensible Spitze kribbelte. Auch er klammerte sich an mich. Seine hobelnde Hand wurde noch schneller. Sie bearbeitete den Schaft und reizte die bauchige Kuppel bis sie glühte. Ich biss mir auf die Lippen, überdrehte die Augen, klammerte mich an meinen Freund und spürte wie etwas Glühendes durch meine Nerven raste. Mein hoch gepushtes Adrenalin ließ mich die vielen kleinen Erruptionen deutlich fühlen, die durch meinen Körper gingen. Außer Atem sank ich gegen Daniels Schulter. Ein stummer Schrei auf meinen Lippen und ich kam. Es spritzte aus mir heraus und landete auf seiner Hand.

Seiner war noch immer hart, steif wie sonst was. Er war stark angeschwollen, gerötet und man konnte die Adern deutlich sehen. Ich spannte meine Hand darum und rieb ihn bis er zitterte. Aufstöhnend ergoss sich sein warmer Samen auf meiner Hand. Wir lächelten uns an und steckten uns die Sperma verschmierten Finger in den Mund. Daniels sinnliche Zunge machte meine Finger sauber und ich machte dasselbe mit ihm. Wir küssten uns ein letztes Mal innig, wuschen uns die Hände und gingen zurück zu unserem Platz. Im Ganzen waren wir nur eine Viertelstunde fort gewesen. Ganz harmlos und unverdächtig. Isaak ahnte es natürlich trotzdem. Er schüttelte schmunzelnd den Kopf. Bei Hormon gesteuerten Frisch-Verliebten konnte er nicht viel ausrichten.

Die Zirkusaufführung neigte sich dem Ende zu. Es war eine fulminante Show gewesen. Daniel und mir hatte es gefallen, trotz unserer kurzen Unterbrechung. Leon hätte es bestimmt auch gefallen. Ich fand es schade, dass er bei meinen Eltern geblieben war. Aber meine Mutter und mein Vater hatten es besser gefunden ihn in seiner gewohnten Umgebung zu lassen. Ihm nicht zu viel auf einmal zuzumuten. Das verstand ich. Trotzdem vermisste ich ihn. Ich war in den vergangenen Jahren nicht einen Tag ohne meinen Bruder gewesen. “Das nächste Mal kommt ihr alle gemeinsam und dann nimmst du ihn einfach mit.” tröstete mich Isaak. Seine Stimme war warm, voller Mitgefühl und Verständnis. Er hielt viel von mir. Schon weil ich mich um meinen Bruder kümmerte, aber auch generell.

In seiner Gegenwart kam ich mir vor, als würde alles was ich sage verstanden, als gäbe es da jemanden, der mich genau kannte und durchschaute und trotzdem oder gerade deshalb mochte. Genauso wie Daniel. Der Apfel war nicht weit vom Stamm gefallen und wenn ich mir ansah wie gut Isaak in seinem Alter noch aussah und wie sportlich, agil und lebensfroh er war, konnte ich mich bei Daniel aufs gemeinsam älter werden freuen. Isaak ging sogar mit uns auf ein Rock-Konzert und das noch am selben Abend. Wir hatten keinerlei Verpflichtungen, keine Verantwortung irgendjemandem gegenüber. Wir konnten zwanglos Spaß haben. Und wir hatten Spaß. Richtig viel Spaß. Auf der Bühne ging es ordentlich ab.

 

Die Band war laut, aggressiv und führte Show-Effekte mit Feuer vor. Ich hatte im Leben noch nie so schwer gejubelt und gefeiert und das mit meiner großen Liebe neben mir. Hinterher ergatterte ich mir sogar ein Autogramm auf dem T-shirt, das ich gerade trug. Die ganze Band hatte unterschrieben. Für Leon. Auf meinen Wunsch hin. Wien war toll, Wien war klasse. Estha und Isaak waren zauberhaft und hätten netter nicht sein können. Dennoch fehlte mir mein Bruder jeden Moment mehr. Ich wollte ihn strahlen sehen wenn ich ihm erzählte, dass das Autogramm auf meinem Shirt nur ihm gehörte. Daniel umarmte mich, küsste mich und streichelte mein Gesicht. “Du bist ein guter Bruder.” meinte auch Isaak. “Leon kann sich glücklich schätzen dich zu haben.”

Kurz bevor wir abreisten, zeigte mir Isaak seine Gitarre und spielte eine Weile mit mir. Wir klimperten angeregt nebeneinander her und ich dachte, dass Leon das gerade sehr gefallen müsste wenn er hier wäre. Mir gefiel es jedenfalls. Auch Estha hatte ihre Tätigkeit unterbrochen und hörte uns zu. Daniel sowieso, aber der war nicht zurechnungsfähig. Ich konnte mir vorstellen, dass er mir selbst dann noch verzückt zugehört hätte wenn ich geklungen hätte wie eine rostige Gießkanne. Es begann mit “just for fun” und ging dann irgendwann in gut gemeinte, freundschaftliche Belehrungen über. Isaak meinte, ich hätte Talent.

Ob ich Musik studieren wolle? Ich begann mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Graz hatte eine gute Universität. Wien auch. Aber ich würde in Graz bleiben. Der Liebe und der Familie wegen. Einen Plan zu haben fühlte sich gut an. Ich könnte mir noch ein paar Monate für mich gönnen, mein Leben genießen wie Isaak gemeint hatte, und dann im nächsten Jahr einen Versuch wagen. Mal sehen, ob sie mich annehmen würden. Ob ich gut genug war, um mich gegen andere Talente durchzusetzen. Das Programm an der Uni klang anspruchsvoll aber interessant.

Daniel streichelte mir über den Nacken und meinte, dass ich dann aber eine bessere Gitarre zum Üben bräuchte. Das sah ich ein, wusste aber zugleich, ich könnte mir so bald mit dem Gehalt von McDonalds noch keine leisten. Er hob den Finger und legte ihn auf meinen Mund. Ich erstarrte. Ein Verdacht regte sich. “Schatz, du hast doch nicht...” “Wir dachten, du würdest dich über ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk freuen.” “Oh mein Gott.” Ich schluchzte auf als ich den Gitarrenkoffer sah, den mir Isaak und Estha mit einer feierlichen Miene überreichten. “Ob ich mich freue? Ich weiß gar nicht was ich sagen soll.” Tränen der Freude liefen über meine Wangen.

Wir umarmten uns der Reihe nach. Ich machte den Gitarrenkoffer auf und holte mein neues Musikinstrument heraus. Eine Schönheit. Der Klangkörper war naturbelassen. Die Saiten frisch gestimmt. Sie klang viel besser als meine alte Gitarre zu Hause. Mit bebenden Lippen, überwältigt vor Freude und Dankbarkeit, bedankte ich mich bei meinen Gönnern. Strahlend schaute ich zu Daniel hinüber. Der nickte und lächelte mich an. “Dafür verdienst du ein fettes Dankeschön und ich weiß auch schon auf welche Art.” flüsterte ich ihm ins Ohr als ich ihn umarmte. “Mmmh.” machte er nur.

Wir hielten uns die ganze Zeit im Arm als wir mit dem Bus nach Hause fuhren. Zwei Stunden lang kuschelten wir uns aneinander, schmusten ab und zu und genossen die Nähe des anderen. Mein Vater holte uns mit einem breiten Grinsen vom Bahnhof ab. Er war ziemlich guter Laune, wollte aber noch nicht sagen wieso. Als wir zu Hause ankamen begrüßte uns meine Mutter und erzählte uns, dass wir einen besonderen Gast hätten. Sie stellte uns eine junge Frau mit Down Syndrom vor. Das Mädchen zog außerdem ihren Fuß seltsam nach und rieb ständig die Hände aneinander. Sie trug ein Kostümkleid wie zu Fasching oder Halloween. Die Augen waren geschminkt. Am Kopf trug sie eine Krone von Burger King, wo sie gerade erst mit meinen Eltern essen gewesen war.

“Darf ich vorstellen?” sagte meine Mutter und machte eine theatralische ausladende Geste. “Leons Freundin.” “Nein!” riefen Daniel und ich zugleich aus. Wir fielen aus allen Wolken. Leon. Eine Freundin. Wann? Wie? Wo? “Er ist meine große Liebe.” behauptete die Frau und legte ihre Arme um meinen Bruder, dessen Augen leuchteten, als wäre er nie glücklicher gewesen. “Darf ich vorstellen. Das ist Sofie.” Wir hielten Sofie die Hand hin. Sie machte einen Knicks vor uns und bat darum als Prinzessin angesprochen zu werden. Mama zuckte die Achseln. Es war halt so. Prinzessin Sofie. Warum auch nicht.

 

Die beiden hatten sich am Freitag, dem Tag unserer Abreise nach Wien, kennengelernt, waren einander bei einem Förderprogramm für behinderte Menschen begegnet. Leon brauchte eine Beschäftigung, die seinen Bedürfnissen gerecht wurde. Sofie war dort gewesen weil sie an einem Reitprogramm teilnehmen wollte, um ihre Gleichgewichtsstörungen in den Griff zu bekommen. Leon mochte Musik, sie Pferde und obwohl er sie nicht berühren und auch nicht richtig mit ihr sprechen konnte hatte es eingeschlagen wie eine Bombe. Sie hatte sich für das inzwischen dritte Date in Schale geworfen wie eine Karnevalsprinzessin.

Verblüfft schauten wir auf das Paar. Es schien Sofie nicht zu stören, dass er sie nicht berühren konnte. Sie wurde nicht müde uns zu erklären, dass sie gar keinen Wert auf so was lege. Mit einem Mann schlafen wollte sie nicht. Sie wollte sich auch nicht mit einem Kerl unterhalten. Was Leon ihr gab war das Gefühl gebraucht zu werden. Angehimmelt zu werden. Viele hatten ihr zu spüren gegeben, sie sei hässlich. Seltsam. Dumm. Eine Zumutung. Er aber fand sie schön. Das war alles was sie brauchte. Sie war die ganze Zeit um ihn herum, fütterte ihn, schmiegte sich an ihn, redete mit ihm. Für uns hörte sich das was sie mit ihm sprach seltsam an. Nicht normal. Aber wer bestimmte schon was normal war. Mein Bruder war glücklich. Mein Bruder hatte eine Freundin. Eine Freundin, die verrückt nach ihm war.

Meine Verwunderung darüber hätte kaum größer sein können. Leon wollte spazieren gehen. Das war sein Highlight des Tages. Spazieren mit Sofie. Am Balkon sitzen mit Sofie. Er ließ sich die Zähne putzen. Wegen Sofie. Schluckte seine Medikamente. Für Sofie. Ließ sich füttern und waschen. Von Sofie. Das bedeutete aber nicht, dass wir deshalb mehr Freizeit hatten. Wir mussten sie überwachen und auf beide achtgeben. Zuerst einmal konnte sie ihn nicht heben und ihr die ganze Verantwortung zu überlassen wäre purer Leichtsinn gewesen. Aber unter einer gewissen Anleitung war sie die beste Medizin, die sich jemals irgendjemand von uns in den allerkühnsten Träumen hätte vorstellen können.

Darum waren meine Eltern so aus dem Häuschen als sie uns abgeholt hatten. Leons Lebensqualität hatte sich in wenigen Tagen drastisch verbessert. Es war unglaublich wie sie ihn aus seinem Schneckenhaus gelockt und ihn ins Leben zurück geholt hatte. Ihre bloße Existenz reichte dafür schon aus. Was Daniel, meine Mutter und ich für ihn getan hatten, das war ein langsamer Prozess gewesen. Sie aber hatte alles praktisch über Nacht auf den Kopf gestellt. Ihn komplett verändert. Er leuchtete von innen, beseelt von Zuwendung und physischer Nähe. Keine Wutausbrüche mehr. Keine Trotzanfälle mehr. Mein Bruder war streichelweich. Ein ganz neuer Mensch.

Ich hatte also wirklich eine ganze Menge anderes im Kopf und zu tun als mit Felix abzuhängen und Joints zu rauchen. Als Felix mich zu einer Party mit Markus und Laura mitschleppte saß ich unbeteiligt daneben und beobachtete die anderen. Mir kam es vor, als wären wir neuerdings durch eine Scheibe getrennt. Auf der einen Seite waren sie, die über nichts anderes als Sex reden konnten. Die ganze Zeit nur Sex, Sex und noch einmal Sex. Keine anderen Interessen, kein Nachdenken über die Geschehnisse in der Welt, keine ernsthaften Unterhaltungen, keine höfliche und respektvolle Sprache, nur dreckige Witze und noch mehr Sex. Nur versauter Sex. Nicht etwa Zärtlichkeit oder Zuwendung. Sich vom anderen nehmen was man gerade brauchte. Keine Rücksicht. Kein Respekt. Was hatte ich jemals von solchen Leuten gewollt?

Ich zog mich zurück und wandte mich wieder meiner Familie und meiner glücklichen Beziehung zu. Es gab mir viel mehr in Daniels Armen zu liegen, mit Daniel auszugehen, meinen Bruder spazieren zu fahren und mit guten Freunden wie Bernd und Sandra abzuhängen. "Ich wünschte, ich hätte dich nicht fallen lassen." sagte Felix irgendwann. Als er mich zu küssen versuchte, stieß ich ihn so grob von mir weg, dass er fast über die Bettkante fiel. “Wann bist du so ein Spießer geworden?” fragte er mich enttäuscht. “Ich gehe jetzt.” Felix verstellte mir den Weg und flehte mich an zu bleiben. “Lass mich vorbei.” “Komm schon, Harald, bitte. Rauchen wir einen Joint und vergessen wir es.” “Ich will jetzt nicht kiffen, ich will nach Hause zu meinem Freund, den ich liebe und vermisse.” “Du kannst mich doch nicht so einfach stehen lassen. Der alte Harald hätte schon längst mit mir den vierten Joint durch.” “Du spinnst wohl! Ich hab mein altes Ich gehasst und du doch auch. Du hast mich deshalb verlassen.”

 

Aber jetzt wollte er mich genauso wieder zurück haben. Er wollte den Menschen, der täglich kiffte, auf Partys mit reichlich Alkohol ging und mit Dummköpfen feierte. Aber diesen Menschen gab es nicht mehr. “Dann solltest du vielleicht wieder so werden.” “Felix, wenn du mich nicht gehen lässt, dann klettere ich aus dem Fenster.” Ich stellte ihm ein Ultimatum und schaute schon einmal hinaus. Ziemlich hoch, aber machbar. Wenn ich mir bei dem Sprung ein paar Kratzer holte konnte ich damit leben. Brechen wollte ich mir aber nichts dabei. “Ich dachte, wir wären Freunde.” Wütend knallte ich das Fenster zu, stieß ihn beiseite und riss die Tür auf. “Wenn du mein Freund bist, Felix, dann bleib mir vom Hals und wenn das nicht so ist, dann bleib mir erst recht vom Hals!”

Ich fand Ruhe in Daniels Armen. Sein Körper lag auf meinem und sein Glied stieß in mich. Ich hörte sein leises Keuchen an meinem Hals und fühlte wie sein glühender Pilzkopf meinen Darm weitete und gegen meine Lustdrüse stieß. Der Kopf schaltete sich ab. Ich war nur noch Körper und reagierte auf die Bewegungen in meinem inneren Kern, der sich erwärmte und um den Spieß herum ausdehnte wie ein allzu enger Schlauch. Daniel zwirbelte meine Nippel mit seinen Lippen. Er ließ sich Zeit mich zu berühren, mich zuerst auf kleiner Flamme zu rösten und dann zum Brennen zu bringen. Ich war hin und weg als er schneller wurde und es zwischen uns klatschen ließ.

Entzückt fieberte ich meinem Orgasmus entgegen. Er zog sich aus mir heraus und leckte mich bis ich nur noch wimmern konnte. Seine Hand war auf meinem Schwengel und rieb ihn kräftig durch den Ring von Daumen und Zeigefinger. Ich bäumte mich der Lust entgegen als er mich zu lutschen begann und mich gleichzeitig fingerte. Genießerisch kroch ich zwischen seine Beine und machte dasselbe mit ihm. Lutschen, blasen und fingern wechselte sich ab. Dann hatte ich ihn auf allen Vieren vor mir und drang mit einem Rutsch in ihn ein. Daniel stöhnte lustvoll auf. Schon bewegte er sein Becken und begann mich mit den Kontraktionen in seinem Darm zu melken.

Wir klammerten uns aneinander und brüllten beide auf als es uns kam. Eine Riesensauerei mit reichlich Sperma, das auf unsere aufgeheizten Körper klatschte. Schweißnass lagen wir uns in den Armen, mit so viel weißer Sauce verschmiert, dass man meinen konnte, ein Elefant hätte auf uns ejakuliert. Ich war vollgeschleimt, noch immer erwärmt vor Lust und ich küsste seine nach Samen schmeckenden Lippen und seine Zunge, auf der man ebenfalls noch einige Reste von der Sauce schmecken konnte. “Ich liebe dich.” Wieder sagten wir es fast gleichzeitig. Wir suchten nach der Hand des anderen. Unsere Blicke trafen sich.

Prinzessin Sofie war gerade dabei mit Leon Hofstaat zu halten. Sie hatte ihn heraus geputzt und der ließ sich das alles gutmütig gefallen. Sein Rollstuhl sah aus wie eine Diskokugel. Über und über mit Glitzer beklebt. Daniel und ich verkniffen uns das Lachen und brachten was Nettes hervor, das man darüber sagen konnte. Leon freute sich. Unsere Anerkennung machte ihn glücklich. Seine Wangen waren gerötet, die Augen strahlten und der Mund war zu einem Lächeln verzogen. Was kümmerte einen dann schon, dass dieses ganze Prinzessinnengetue reichlich seltsam klang oder dass die vielen Glitzer- und Straßsteine, die sie auf seinen Rollstuhl geklebt hatte, ziemlich kindisch aussahen. Oder dass Sofie mit ihrem Versuch sich hübsch zu machen und zu schminken viel zu tief in den Farbtopf gegriffen hatte. Wenn sie ihm so gefiel...wunderbar!

Sie freute sich darüber, dass wir ihr den Wunsch Prinzessin zu sein ließen. Ihr gefiel es bei uns. Niemand machte sich über sie lustig oder schaute sie falsch an. Am liebsten wäre sie gleich bei uns eingezogen. Sie war anstrengend, redete zu viel und vor allem ohne Unterlass. Was sie sagte und was genau in ihrer Gefühlswelt vorging verstand keiner von uns so genau. Aber auch das war nicht wichtig. Sie war für Leon das was Daniel für mich war. Sie machte ihn glücklich. Mehr als es jede Pflege der Welt geschafft hätte. Also beschlossen Daniel und ich, dass wir sie mochten. Sie gehörte ab sofort dazu.

 

Kartenspielen war nun keine Männerrunde mehr. Sofie war dabei. Sie war immer dabei. Abwechselnd ließen wir auch sie mal gewinnen und darüber freute sie sich besonders. Es uns Männern einmal gezeigt zu haben. Wichtig zu sein. Für einen Abend. Mein Bruder teilte die Aufmerksamkeit nicht gern. Wir lachten weil er wie jeder Mann auch seine Ruhe haben wollte. Ihre ständige Zudringlichkeit, ihr Plappern und ihre bestimmende Art war auch ihm zu viel und trotzdem genoss er ihre Nähe. Eine gesunde Balance war ihm wichtig. Ich staunte nur so weil mein Bruder, mein Bruder (!) Grenzen aufstellte und sich zur Wehr setzte wo es ihm zu viel wurde. Er hatte seine Würde und das musste sie respektieren. Tat sie auch. Es machte ihn sogar noch interessanter in ihren Augen.

So waren wir also wieder eifrig beim Kartenspielen als plötzlich Felix bei uns aufkreuzte. Ich war so wütend, dass ich ihn am liebsten hochkant aus dem Fenster geworfen hätte. Daniel wusste nichts von seinem Versuch mich zu küssen. Ich hatte es ihm nicht erzählt. “Verschwinde sofort!” zischte ich. “Wenn mein Freund erfährt was du bei mir versucht hast, dann reißt er dir den Kopf ab.” "Du verstehst mich nicht." warf er mir vor. Ich riss die Tür auf und stieß ihn hindurch. Als ich sie schloss klopfte es erneut. “Was zur Hölle willst du von mir?” herrschte ich ihn leise an. “Du wolltest wissen wer mein Freund ist...erinnerst du dich noch an unseren Englischlehrer aus der Unterstufe?" Ich nickte. Der Kerl musste über siebzig sein. "Heißt das, du...?"

Felix nickte und schluckte. Ich dagegen war erleichtert. Dann war er halt in einen viel älteren Kerl verliebt. Wie banal. Ich hatte mir viel Schlimmeres vorgestellt. Ein Altersunterschied von fünfzig Jahren und wenn schon! Es ging ohnehin keinen was an was in den Betten anderer Leute vorging. “Verrate es keinem.” “Wofür hältst du mich.” Felix liebte den Mann zwar nicht, war jedoch mit ihm zusammen weil er seiner Meinung nach so überragend gut ficken konnte. Darin war er scheinbar spektakulär gut. Auf alten Schiffen lernt man segeln. “Was wolltest du dann eigentlich von mir?” fragte ich weil es mich doch interessierte.

Er hatte uns beobachtet und konnte es nicht fassen wie offen wir waren. Wie die Umwelt auf uns reagierte. Es sah alles so leicht und einfach bei uns aus. So glücklich. Kein Versteckspiel. Keine Geheimnisse. Keine Lügen. Das wollte er auch haben. Ich hatte den Jackpot kassiert und konnte ihn überall hin mitnehmen. Seine Eltern wussten nichts davon und im Gegensatz zu mir durften sie es auch nicht erfahren. Stillschweigen. Geheimhaltung. Das hörte sich für mich ziemlich beklemmend an. "Kann man das wirklich hin kriegen, dass die Eltern einen trotzdem noch lieben?" Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass es anders sein könnte. Aber was wusste ich schon von der Welt. Nichts wie sich herausstellen sollte. “Ich weiß nicht wie ich dir helfen soll, Felix.” “Ich hatte gehofft, dass du mich ficken würdest und wir dann gemeinsam auf den Geschmack kommen. Mit dir hätte ich es leichter.”

“Das wird nicht passieren, Mann!” stieß ich ihn brüsk zurück. “Ich verlasse Daniel nicht. Niemals.” “Komm schon.” drängelte er und kam mir wieder verdächtig nahe. “Wir sind schon ewig befreundet. Ich kenne dich. Du willst doch nicht wirklich behaupten, dass du dich jetzt schon fest und fürs Leben binden willst. Komm schon, Mann! Willst du gar nichts anderes mehr erleben? Das ist armselig.” Was wusste ich schon was ich in zehn oder zwanzig Jahren wollte. Jetzt im Moment wollte ich Daniel. “Ich liebe ihn. Wenn du es armselig findest, dann geh jetzt bitte.” “Du brauchst mich.” Nein, das tat ich nicht. Ich hatte mich auf ihn eingelassen weil ich gedacht hatte, er würde mich brauchen. Offensichtlich tat er das auch. Aber ich konnte nichts für ihn tun wenn er sich zwischen Daniel und mich zu schieben versuchte. Als ich die Tür vor seiner Nase zumachte und ihm Lebwohl sagte, hörte ich noch: "Du weißt nicht was für ein Glück du hast, Harald."

Diesen letzten Satz sollte ich mir merken. Denn einige Wochen später war Felix tot. Wie einfach und unkompliziert Eltern mit der Homosexualität ihres Sohnes umgehen konnten und ihn mit all seinen Vorlieben und Neigungen weiterhin lieben konnten hatte er bei mir gesehen. Doch seine Eltern hatten ihn raus geworfen. Der Liebhaber, der ihm zuvor versprochen hatte, er werde ihm in einem solchen Fall beistehen, hatte sich dagegen entschieden. Was würden die Nachbarn denken wenn er in seinem Alter mit einem Achtzehnjährigen zusammen lebte. Er hatte sich die Sache auch einfacher vorgestellt.

Ich fand es eigentümlich, dass man Menschen, denen man die Behinderung deutlich ansah wie Leon oder Sofie besser behandelte als jene, deren Bedürftigkeit im Inneren lag. So wie bei meinen Vater zum Beispiel, der sich immer noch zu häufig für seine Alkoholsucht rechtfertigen musste und der sich für jeden Rückfall entschuldigte. Bei der Beerdigung weinten seine Eltern und alle, die sich zu seinen Lebzeiten über Felix lustig gemacht hatten, weinten ebenfalls. Meine Mutter nahm mich hinterher in den Arm und meinte, sie könne es einfach nicht begreifen wie jemand sein eigenes Kind verstoßen könne. Egal wen ich liebte, ich war doch immer noch ihr Sohn. So viel Zuneigung und mütterliche Wärme hatte sie mir nicht mehr gezeigt seit Leon verunglückt war. Meine Mutter liebte mich und schenkte mir wieder Beachtung. Ich hatte eine Freundin gewonnen und einen Freund verloren. Felix hätte nicht sterben müssen wenn sich rechtzeitig jemand seiner angenommen hätte. Erkannt hätte wie dringend er Hilfe brauchte. Nur die physische Hülle hatte durch den Sprung vor einen Zug ihr Ende gefunden. Felix selbst starb an Ignoranz.

 

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